Das Hermes Prinzip

Der Mann an der Haus­tür sah ein biss­chen abge­ris­sen aus. Ich zwei­fel­te kurz, dass es sich um den Paket­fah­rer han­del­te, den ich nach eini­gen erfolg­lo­sen Zustell­ver­su­chen erwartete.

Allein – das schmud­de­li­ge Leib­chen, das er über dem Hemd trug, wies ihn als Her­mes Paket­dienst­fah­rer aus.

Der Groll war beim bemit­lei­dens­wer­ten Äuße­ren des Boten ver­flo­gen. Im gebro­che­nen Deutsch erklär­te mir der Mann sei­ne Schwie­rig­kei­ten beim Zustel­len des Pakets. Das alles hat­te ich bereits gehört; der Online-Händ­ler hat­te mei­ne Beschwer­de direkt an den Paket­dienst­leis­ter wei­ter gegeben.

Mit dem Hin­weis, dass Kar­ten­zah­lung lei­der nicht mög­lich sei, tat sich aller­dings eine neue Best­mar­ke auf der Unaus­ge­gli­chen­heits­ska­la auf. Pam­pig ant­wor­te­te ich, dass ich dann ja wohl mei­ne letz­ten Reser­ven zusam­men­krat­zen müs­se, um die Lie­fe­rung zu bezahlen.

Der Mann mur­mel­te so etwas wie:“ is‘ nett, sonst ich kei­ne Geld“, oder ähnliches.

Wenn man Goog­le anklickt und nach “Erfah­run­gen mit Her­mes” sucht, wirft die Such­ma­schi­ne die aben­teu­er­lichs­ten Geschich­ten aus.

Von Sub­un­ter­neh­men, die wie­der­um Sub­un­ter­neh­men beauf­tra­gen ist da die Rede. Von 12 Stun­den Schich­ten an 6 Tagen die Woche und von umge­rech­net Stun­den­löh­nen um die vier Euro.

Ich las­se mir also etwas lie­fern, des­sen Ver­sand­kos­ten in etwa dem des Stun­den­lohns eines Paket­zu­lie­fe­rer bei Her­mes entspricht.

Der Name Her­mes kommt aus der grie­chi­schen Mytho­lo­gie: Her­mes ver­kün­de­te als Göt­ter­bo­te die Beschlüs­se des Zeus — neben­bei war er der Schutz­gott der Diebe.