Der Virus

Da hat es mich doch tat­säch­lich auch mal auf die Mat­te gewor­fen, ein Virus­in­fekt dia­gnos­ti­ziert die Ärz­tin. Drei Tage Fie­ber und das schlimms­te soll vor­bei sein. In den Tagen der Atta­cken des Virus zap­pe ich mich also, Lan­ge­wei­le genö­tigt, durch sämt­li­che Pro­gram­me die das Fern­se­hen so zu bie­ten hat. Mor­gens zei­gen die öffent­lich Recht­li­chen und die Pri­va­ten in selt­sa­mer Ein­tracht, wie geneig­te Hausfrau/Mann ohne Fett und mit viel Gemü­se angeb­lich lecke­re Spei­sen zube­rei­ten kann. Der Höhe­punkt ist ein Pseu­do- Koch, der aus­sieht wie ein Raver auf Ecsta­sy, der ein Hähn­chen mit Zitro­nen­gras einer alten Matrat­ze gleich voll stopft und dem Zuschau­er auch noch glaub­haft machen will, das kön­ne man essen.

Bei Pro sie­ben sind die Dino­sau­ri­er wie­der auf­er­stan­den, Die­ter Boh­len gibt bei RTL als Gum­mi­pup­pe sein Bes­tes. Auf RTL 2 läuft eine neue Staf­fel von Big-Brot­her, die sich nicht so sehr an den Kan­di­da­ten von den ande­ren Con­tai­ner­sen­dun­gen unter­schei­det son­dern dar­an, dass, um den Unter­hal­tungs­wert zu stei­gern eine Hälf­te der Grup­pe in einer Art Schwei­ne­stall für die Zeit der Begaf­fung woh­nen muss. Zwi­schen­drin immer wie­der Ver­kaufs­sen­dun­gen, wo das Pen­dant zum dick­li­chen Hol­län­der Har­ry sei­ne Schu­he aus­zieht, um zu bewei­sen, dass die ange­prie­se­ne Fuß­sal­be auch tat­säch­lich auf dem Auto­lack kei­ne Krat­zer hinterlässt.

Im Fie­ber­wahn wei­ter im Pro­gramm zap­pend ent­de­cke ich auf Sat 1 eine Per­son, des­sen Geschlecht ich nicht zuord­nen kann, auf einer Couch sit­zend und über irgend­et­was spre­chend, dass ich auch nicht zuord­nen kann. Im nächs­ten Kanal ist eine Mode­ra­to­rin zu sehen, die Son­ja heißt, die einen Mann befragt, der Axel heißt, der eine Freun­din hat, die Saskia heißt und die nun alle von­ein­an­der wis­sen wol­len wie das Kind heißt von dem es heißt, das es von kei­nem der Anwe­sen­den ist. Pro Sie­ben: ein mager­süch­ti­ger Mode­ra­tor, mit Namen Andre­as, kreischt hys­te­risch immer wie­der die Vor­zü­ge sei­nes Mode­ra­to­ren­le­bens ins Publi­kum, ins­be­son­de­re den Vor­zug, knall­oran­ge­ne Hem­den zu brau­nen Jacken und gestreif­ten Hosen anzie­hen zu kön­nen, ohne in eine Zwangs­ja­cke gesteckt zu werden.

Nach­mit­tags geben dann alle Kanä­le “ech­te Gerichts­ver­hand­lun­gen mit ech­ten Rich­tern und ech­ten Ange­klag­ten”. Der Fall mit der Par­ty im Zoo beim Tier­pfle­ger, des­sen Kum­pel sich total betrun­ken in das Affen­ge­he­ge auf­macht, um mit einem Schim­pan­sen Whis­key zu trin­ken, der­weil der Pfle­ger nichts gemerkt haben will, weil er zur Tat­zeit die Zoo­di­rek­to­rin vögelt, wird mir als war­nen­de Erin­ne­rung an nach­mit­täg­li­che Fern­seh­erleb­nis­se bleiben.

Nach drei Tagen schien der Virus bekämpft, das Fie­ber sank und ich träum­te davon, mit der 2200 Mann star­ken Besat­zung des Raum­schiffs Enter­pri­se im Kabel­netz los­zu­zie­hen, um neue Pro­gram­me zu erfor­schen, neue Sen­de­for­ma­te zu erkun­den und sämt­li­che Pro­gramm­di­rek­to­ren in fer­ne Gala­xien zu bea­men, wo sie gezwun­gen sind ver­eint vor einem 1200 Qua­drat­me­ter gro­ßen Bild­schirm den geball­ten Schwach­sinn den sie zu ver­ant­wor­ten haben per­ma­nent in einer Wie­der­ho­lungs­schlei­fe gucken zu müssen.