Handymanie

“Was, sie haben kein Han­dy?,” frag­te mich vor kur­zem jemand ernst­haft erstaunt. Der unglaub­li­che Aus­druck in sei­nem Gesicht hät­te ein inten­si­ve­res Nach­fra­gen erlaubt, aber der Mann woll­te mir nicht zu nahe tre­ten, des­halb beließ er es bei einem mit­lei­di­gen Kopf­schüt­teln. Um ganz sicher­zu­ge­hen, nicht viel­leicht einen kom­plet­ten Voll­idio­ten vor sich zu haben, kam dann doch noch die Nach­fra­ge: “Aber einen Inter­net­an­schluss, den haben sie doch, oder?” Ich hät­te ihm nun einen Vor­trag über mei­ne durch nichts zu erschüt­tern­de Visi­on einer digi­ta­len Revo­lu­ti­on erzäh­len kön­nen, ließ es aber blei­ben, mur­mel­te was von zahl­rei­chen e‑mail Adres­sen und wech­sel­te das Thema.

Infol­ge die­ses kur­zen Dia­logs über­leg­te ich in den nächs­ten Tagen ernst­haft, was ich wohl alles in mei­nem Leben ver­pas­sen wür­de, wenn ich mei­ner Ableh­nung zum Han­dy treu blei­ben woll­te. In Gedan­ken, völ­lig abge­schirmt die­ser Art von Kom­mu­ni­ka­ti­ons­tech­no­lo­gie irgend­wann mal einer der weni­gen zu sein, die sich nicht von einem piep­sen­den Etwas tyran­ni­sie­ren zu las­sen, beschloss ich dem Phä­no­men Han­dy mehr Auf­merk­sam­keit zukom­men zu lassen.

Ich möch­te an die­ser Stel­le das Ergeb­nis mei­ner Beob­ach­tun­gen vor­weg­neh­men. Ich glau­be, nein ich bin fest davon über­zeugt, dass es einen kau­sa­len Zusam­men­hang zwi­schen dem Erlah­men der Wirt­schaft und dem Wis­sen der Erreich­bar­keit eines jeden ein­zel­nen gibt. Sie glau­ben das nicht? Ver­su­chen sie mal schnellst­mög­lich einem x‑beliebigen Laden bei­spiels­wei­se ein Ersatz­teil für ein Motor­rad zu bekom­men. Sie kom­men mit ihren Erklä­run­gen bis zum ers­ten Han­dy­klin­geln, garantiert.

“Ent­schul­di­gung, was woll­ten sie noch gleich? Ich ver­such­te es ein zwei­tes Mal:” Der Anlas­ser ist kaputt, ich.….……”, tüdelüt, ” ‘tschul­di­gung, ja?. Nein, nein, sie müss­ten mir das Teil schon vor­bei­brin­gen, so am Tele­fon kann ich dazu nichts sagen. Ok, mor­gen dann, ja tschüss.” Der Spe­zia­list in Sachen Motor­rad­tei­le wen­det sich nun wie­der mir zu:” Also, am bes­ten du gehst erst mal hin­ten in die Werk­statt und schraubst den Anlas­ser.….….… tüdelüt.” Ja bit­te?, sicher, die Tei­le sind ange­kom­men, ja ich rufe an, wenn noch was feh­len soll­te, ja klar, Dan­ke.” Der­weil ste­he ich etwas fremd in der Werk­statt des Laden­be­sit­zers und über­le­ge ernst­haft, wie ich dem Mann am Tele­fon die Pro­ble­ma­tik mei­nes Motor­ra­des klar­ma­chen soll ohne stän­dig unter­bro­chen zu wer­den. Ich erspa­re hier die aus­führ­li­che Schil­de­rung über den Ver­lauf des Gesprächs, nur soviel, ich hof­fe auf ein bal­di­ges Wie­der­se­hen eines intak­ten Anlassers.

Bei nähe­rer Betrach­tung des Phä­no­mens Han­dy erwies sich mei­ne Theo­rie in der fol­gen­de Woche als zutref­fend. Ein ande­rer Laden, das­sel­be Pro­ze­de­re. “Guten Tag, ich hät­te ger­ne .….….….” Tüdelüt. “Moment, bin gleich bei ihnen.” Der­weil der Mann tele­fo­nier­te, konn­te ich in aller Ruhe die Aus­la­ge beob­ach­ten, die aller­dings nicht son­der­lich inter­es­sant war, denn ich befand mich in einem Geträn­ke­la­den. “So, jetzt zu ihnen, was woll­ten sie doch gleich?” Ich hät­te ger­ne drei Fass Bier und eine.….……” tüdelüt. Him­mel­ar­schund­wol­ken­bruch. Das ver­damm­te Tele­fon fing an, mir den letz­ten Nerv zu rau­ben, schließ­lich stand ich jetzt schon geschla­ge­ne zwan­zig Minu­ten in dem Laden und konn­te in die­ser nutz­lo­sen Zeit dem Laden­be­sit­zer nicht klar­ma­chen, was ich eigent­lich woll­te. Ich wur­de also lang­sam ärger­lich. ” Hören sie, wenn es ihre geschätz­te Auf­merk­sam­keit erlaubt, wür­de ich ger­ne eini­ge Spi­ri­tuo­sen bei ihnen erwer­ben, aber nur, wenn es sie nicht all­zu sehr belas­tet, ich mei­ne, wenn sie es schaf­fen soll­ten, in den nächs­ten fünf Minu­ten nicht ans Tele­fon zu gehen. “Ja, ja schon gut, sie sehen doch, was hier los ist.” Was hier los ist?, frag­te ich mich, soweit wie ich das sehen konn­te, war ich der ein­zi­ge Kun­de in dem rie­sen Laden. “Ok, also ich hät­te ger­ne drei Fass Bier, eine Zapf­an­la­ge und den gan­zen Kram, den man für eine Par­ty braucht.” “Drei Fass Bier, mein lie­ber Mann, die kann ich ihnen in der Kür­ze der Zeit nicht mehr besor­gen, war­um haben sie denn nicht vor­her ange­ru­fen, haben sie denn kein Handy?”