Mitten in Absurdistan

Die West­fa­len­post schrieb in ihrem Leit­ar­ti­kel ges­tern, dass ein Groß­teil der Wäh­ler der AFD aus dem Bereich des Pre­ka­ri­ats kommt. Die­se Wäh­ler haben offen­sicht­lich das Wahl­pro­gramm der AFD nicht gele­sen, denn, in dem die AFD unter ande­rem die Abschaf­fung des Sozi­al­staats postuliert.

Frei nach Brecht: „Nur die dümms­ten Käl­ber wäh­len ihren Schlach­ter selbst“, muss man fest­stel­len, dass Hys­te­rie kein guter Rat­ge­ber zu sein scheint. Anders erklärt sich nicht, war­um man als Arbeits­lo­ser für die Abschaf­fung der Arbeits­lo­sen­ver­si­che­rung stim­men kann.

Viel­leicht ist das eine Erklä­rung, aller­dings scheint es in Deutsch­land auch wie­der zeit­ge­mäß zu sein — und das gilt dann für alle Schich­ten der Bevöl­ke­rung — nach unten zu tre­ten. Die Schwächs­ten der Gesell­schaft sind offen­bar ein Ven­til der eige­nen Versagerängste.

Wenn man mit “Ich hab’ ja nix gegen Flücht­lin­ge, aber..” Mit­bür­gern in die Dis­kus­si­on um das Wahl­er­geb­nis der AFD bei den Land­tags­wah­len ein­steigt, zeigt sich ganz schnell, dass die ratio­na­le Denk­wei­se erheb­lich blo­ckiert sein muss, denn die meis­ten der Argu­men­te ent­zie­hen sich der logi­schen Begründung.

Das The­ma Flücht­lin­ge ist offen­bar emo­tio­nal so besetzt, dass es die Ver­nunft ausschließt.

Nur weni­ge Mit­bür­ger pro­tes­tier­ten bei­spiels­wei­se auf dem Höhe­punkt der Euro­kri­se, in des­sen Ver­lauf die Bun­des­re­gie­rung mit rd. 200 Mil­li­ar­den Euro am Euro-Ret­tungs­schirm betei­ligt ist.

Geret­tet wer­den zumeist Ban­ken, denn die Ban­ken­ret­tung wird mit der Begrün­dung der Sys­tem­re­le­vanz begrün­det. Die Maß­nah­men [700 Mil­li­ar­den Euro-Ret­tungs­schirm] sol­len dazu die­nen „die finan­zi­el­le Sta­bi­li­tät im gesam­ten Euro-Wäh­rungs­ge­biet zu sichern“.

Flücht­lin­ge sind nicht sys­tem­re­le­vant, bei vie­len geht es ums nack­te Überleben.

Beim Pro­test gegen die Flücht­lings­po­li­tik der Bun­des­re­gie­rung hin­ge­gen, schä­men sich eini­ge Mit­bür­ger auch nicht mehr, die häß­li­che Frat­ze des Has­ses offen zur Schau zu stellen.

Tat­säch­lich zeigt sich im Ver­gleich, dass die Kos­ten der Flücht­lings­kri­se einen Teil des­sen aus­macht, was für die Ret­tung der Ban­ken bis­her gebraucht wurde.

„Unter­brin­gung, Ver­pfle­gung sowie Inte­gra­ti­ons- und Sprach­kur­se für Flücht­lin­ge wer­den den Staat nach einer Pro­gno­se des Köl­ner Insti­tuts der deut­schen Wirt­schaft (IW) 2016 und 2017 knapp 50 Mil­li­ar­den Euro kos­ten.“ Quel­le

Noch­mal als Erin­ne­rung: Beim ers­ten Fall geht es um die Ret­tung von Ban­ken in Euro­pa, im zwei­ten Fall geht es um Menschenleben.

Vor dem Hin­ter­grund könn­te das Zitat: „Den Wert einer Gesell­schaft erkennt man immer dar­an, wie sie mit den Schwächs­ten umgeht“, tat­säch­lich dazu füh­ren, dass der Deut­sche sor­gen­voll und ängst­lich in die Zukunft bli­cken muss.

Aus Angst näm­lich vor der Unan­stän­dig­keit des eige­nen Volks.