Mal richtig Dampf ablassen

Es scheint in der Bevöl­ke­rung ein star­kes Bedürf­niss zu geben, sich über Ande­re mal rich­tig auf­zu­re­gen und das auch Drit­ten gegen­über mit Nach­druck öffent­lich preis­zu­ge­ben. Dazu bie­tet die Sei­te rottenneighbor.com bspsw. eine Platt­form. In Deutsch­land ist so etwas auf­grund des Schut­zes der Pri­vat­sphä­re zwar bis­her ver­bo­ten, aller­dings gibt es ande­re Wege, z.b. der Ex-Frau mal so rich­tig die Mei­nung zu gei­gen. Auf der Ebay Sei­te ver­stei­gert jemand noch bis zum 03.09.08 sei­nen Auto­schlüs­sel, der von einem Fer­ra­ri stammt, den die Ex-Frau des Besit­zers zu Schrott gefah­ren hat. Zitat aus dem Beschreibungstext:

“Ich bie­te hier mei­nen alten ori­gi­nal Fer­ra­ri Schlüs­sel eines von mei­ner bescheu­er­ten Ex-Frau geschrot­te­ten Fer­ra­ri 360 Mode­na samt Schlüs­sel­an­hän­ger zum Kauf an.

Mei­ne Olle hat­te 2005 mei­nen hart erar­bei­te­ten Fer­ra­ri in Stutt­gart in einer 30er Zone quer gestellt und vor eine Haus­wand gesetzt. Respekt! Der Wagen war damit ein wir­schaft­li­cher Total­scha­den (Zeit­wert 120.000€). Spä­tes­tens hier hat­te ich mir klar wer­den sol­len, dass die Frau sel­ber auch Schrott war!

Der Wagen war zwar Voll­kas­ko ver­si­chert, aber mei­ne Frau hat­te 0,7 Pro­mil­le (um 14 Uhr!) und die Ver­si­che­rung wei­ger­te sich den Scha­den zu erset­zen. Mein Anwalt hat­te mir vor einem Gerichts­pro­zess gegen die Ver­si­che­rung abge­ra­ten. Spä­ter soll­te er mir zur Schei­dung raten[…]”

Datenkraken

Wen es wirk­lich noch wun­dert, dass mit Kun­den­da­ten ein schwung­haf­ter Han­del getrie­ben wird, dem ist wohl auch nicht mehr zu hel­fen. Von Tank­kar­ten über Brot­kar­ten, von Rabatt­kar­ten im Bau­markt; selbst beim eigent­lich kos­ten­frei­en Erwerb von gel­ben Säcken zur Müll­tren­nung ist jeder auf­ge­for­dert, sei­ne Daten zu hin­ter­las­sen — und tut dies meist auch. Alle die­se Daten wer­den aus­ge­wer­tet um Kun­den­pro­fi­le zu erstel­len oder sie wer­den ver­kauft. Da wird die Bequem­lich­leit leicht zur Nach­läs­sig­keit, wenn z.b. an der Lot­to­an­nah­me­stel­le all­zu schnell ein Kärt­chen zu haben ist, das pro­blem­lo­se Abbu­chung und selbst­ver­ständ­lich auch eine pro­blem­lo­se Gewinn­ver­bu­chung auf das ange­ge­be­nen Kon­to garan­tiert. Merk­wür­di­ger­wei­se sind die, denen vor­ge­wor­fen wird, ihre Daten nur all­zu leicht­fer­tig ins Netz zu stel­len, wesent­lich vor­sich­ti­ger. Web­sei­ten­be­trei­ber wis­sen halt in der Regel auf was es ankommt — und was tun­lichst ver­mie­den wer­den sollte. 

Ein fliehendes Pferd

Die Erzäh­lung Mar­tin Walsers von 1978 hat in der Aktua­li­tät nichts ein­ge­büßt. Wal­ser beschreibt in sehr kon­zen­trier­ten Wor­ten die Kri­se zwei­er Män­ner um das Älter­wer­den: Die Halms fah­ren seit Jah­ren an den glei­chen Urlaubs­ort am Boden­see. Ober­stu­di­en­rat Hel­mut Halm genießt die „ver­trau­te Fremd­heit“; mit sei­ner Frau Sabi­ne ver­steht er sich ohne vie­le Wor­te. An dem ange­stan­de­nen Urlaubs­ort der Halms kommt es zur Begeg­nung mit dem längst ver­ges­se­nen Jugend – und Stu­di­en­freund Klaus Buch, der das genaue Gegen­teil des Ober­stu­di­en­rats zu sein scheint. Agil und aske­tisch prä­sen­tiert sich Klaus Buch mit sei­ner wesent­lich jün­ge­ren Frau Hele­ne. Der fit­ness­be­ses­se­ne Klaus ver­sucht den Freund aus längst ver­gan­gen Tagen aus sei­ner ver­meint­li­chen Lethar­gie zu rei­ßen. Hel­mut fühlt sich ob der vie­len Akti­vi­tä­ten gereizt, noch mehr, als ihm sei­ne Gat­tin zu ver­ste­hen gibt, sich von Klaus Buch kör­per­lich ange­zo­gen zu füh­len. Mehr und mehr wird aller­dings klar, dass Klaus Buch mit sei­ner über­schäu­men­den Akti­vi­tät nur sei­ne Mid­life Cri­sis zu meis­tern ver­sucht. Bei einem Segel­törn der bei­den Män­ner nimmt das Gesche­hen eine unge­ahn­te Wende.

Wolfgang Clement

Dass Wolf­gang Cle­ment einen Hang zur Thea­tra­lik hat, hat er bewie­sen. Dass der eins­ti­ge Jour­na­list auch einen Hang zur Epik hat, ist weni­ger bekannt. Nach­fol­gen­den Text ver­fass­te Cle­ment vor Jah­ren wäh­rend einer, schein­bar nicht sehr inter­es­san­ten, Tagung im Bundestag.

“Ich hat­te 18 Fla­schen Whis­ky in mei­nem Kel­ler. Mei­ne Frau befahl mir, den Inhal­ten jeder ein­zel­nen ins Spül­be­cken zu gie­ßen, sonst könn­te ich was erle­ben! Ich sag­te Ja und fing mit der unan­ge­neh­men Arbeit an. Ich zog den ers­ten Kor­ken aus der ers­ten Fla­sche und goss den Inhalt ins Becken, mit Aus­nah­me von einem Glas, das ich trank. Dann lös­te ich den zwei­ten Kor­ken und tat das­sel­be, mit Aus­nah­me von einem Glas, das ich trank. Dann zog ich den Kor­ken der drit­ten Fla­sche und goss den Whis­ky ins Becken, das ich trank. Ich zog den Kor­ken der Vier­ten ins Becken und goss die Fla­sche ins Glas, das ich trank. Ich zog die Fla­sche vom nächs­ten Kor­ken und trank ein Becken dar­aus und warf den Rest ins Glas. Ich zog das Becken vom nächs­ten Glas und goss den Kor­ken in die Fla­sche. Dann kork­te ich das Becken mit dem Glas, flansch­te den Trank und trink­te den Guß. Als ich alles aus­ge­leert hat­te, hielt ich das Haus mit der einen Hand fest, zähl­te die Glä­ser, Kor­ken und Fla­schen und Becken mit der ande­ren und stell­te fes­te, dass es 39 waren. Als das Haus wie­der vor­bei kam, zähl­te ich sie noch­mal und hat­te dann end­lich die Häu­ser in der Fla­sche, die ich trank. Ich ste­hen gar­nicht unter den Abfluß von Ein­ko­hol, wie man­cher den­ker Leu­ten! Ich bin nicht halb so bedenkt, als ihr trun­ken könn­tet! Aber ich habe so ein fühl­sa­mes Geselt.….…oh!!!”