Bisher ist der große Schnee im Sauerland ausgeblieben, aber die frostigen Tage bieten auch so ein paar schöne Bilder.
Monat: Januar 2019
Netzlese
Wenn Heimatminister Seehofer, so wie er behauptet, tatsächlich in den achtziger Jahren im Internet unterwegs war, hätte er wahrscheinlich nicht viel gesehen. Das Netz wie wir es kennen, entwickelte sich erst ab Anfang bis Mitte der neunziger Jahre zu einem Medium für alle. Neben dem großen Dotcom Boom schuf das Netz eine Vielzahl von Netzpionieren, die das neue Medium zum publizieren animierte. Durch die leicht zu erlernende Auszeichnungssprache HTML konnte jeder seine persönlichen Präferenzen öffentlich machen. Das führte nicht nur zu skurrilen Netzauftritten, wie die des bekanntesten Exhibitionisten String Emil, den es tatsächlich noch gibt, sondern oftmals zu ambitionierten Versuchen, eine gewisse Sinnhaftigkeit von Design und Inhalt unter Verwendung meist rudimentärer HTML-Kenntnisse zu vereinen.
Bei vielen ist es beim Versuch geblieben und die größten Trash-Seiten schafften seinerzeit eine Nominierung auf der endgültigen Müllseite. Die Müllseite wird seit 2007 nicht mehr aktualisiert, was zum einen schade ist, aber zum anderen verständlich, da seit dieser Zeit vorgefertigte Blogsysteme mit entsprechenden Themes die Designarbeit übernahmen und so der Einheitsbrei von WordPress Themes den mutigen „Designseiten“ Platz machte.
Aber es gibt sie noch, die verwegenen Seiten. Unerschrockene Webmaster, die sich den ästhetischen Grundprinzipien beharrlich verweigern, grundlegende HTML-Regeln mutig missachten und den Besucher mit selbstgefälliger Orthographie überraschen.
Da wäre WoGru, der tatsächlich in der Grotesk-Schriftart Comic Sans MS Belangloses inhaltlich übersichtlich zur Verfügung stellt. Warum er die Seite nicht löscht, die offenkundig als Homepageleiche überspannter Ambition die Hochzeit im Netz zu präsentieren übrig geblieben ist, bleibt sein Geheimnis.
Dipl.-Ing. Jürgen A. Neuber hingegen weist in seiner Historie darauf hin, sich tatsächlich noch um seine Seite zu kümmern. Der letzte Eintrag datiert auf den 10. Januar 2019. Jürgen A. Neuber’s Design zeichnet sich durch eine absolute Unübersichtlichkeit in der Hintergrundfarbe grau, fünf verschiedenen Schriftfarben und wild verteilten Texten aus, die zu allem Überfluss teilweise unterstrichen sind. In den Texten dann, ebenfalls wild gestreut, etliche Links zu den verschiedensten Themengebieten, die den Dipl.-Ing. aus Sachsen interessieren.
Karl Fritsch nennt eine Homepage sein Eigen, bei der man die Vermutung haben könnte, es handle sich um Satire. Die Seite blinkt und schreit in allen Farben. Die einzigen Hinweise darauf, dass es sich bei Karl Fritsch um eine tatsächlich existierende Person handeln könnte, ist ein verstecktes Impressum und die Tatsache, dass auf der Seite nach einer Partnerin gesucht wird, die schlank, Nichtraucherin und haushaltsaffin ist.
Künstliche Intelligenz
Offensichtlich ist heutzutage nicht mehr der Motor das Wichtigste in einem Auto, sondern der Computer. Der Wagen ächzt und jault beim Anlassen und die kalten Sauerländer Winter sind nicht gerade dazu angedacht, eine altersschwache Batterie dazu zu bewegen, ihren Dienst zu tun. Eingedenk der Tatsache, dass ich bereits ein halbes Vermögen in das Auto gesteckt habe, kommt es auf eine Batterie nun wohl auch nicht mehr an, denke ich und beschließe, beim Teilehändler meines Vertrauens eine neue Stromquelle zu erwerben. Der belehrt mich erst einmal, dass eine Batterie nicht einfach auszutauschen sei, schon gar nicht von einem Laien. Beim Wort Laien zucke ich kurz zusammen, hat doch die fürsorgliche Pflege und die zahlreichen Unterhaltungen bei noch zahlreicheren Reparaturen mein Auto betreffend, dafür gesorgt, dass ich umfangreiches Wissen über Fahrzeuge ansammeln konnte; sogar meine Diagnosen treffen oft ins Schwarze. Ich bin sozusagen der Dr. House des Automobils.
Die Antwort lässt mich also ein wenig beleidigt zurück, auch deshalb, weil man für den Ausbau einer Batterie sicher kein Raketentechniker sein muss. Muss man nicht, klärt mich der Fachmann auf, man müsse nur ein Laptop mit der speziellen Software für das Auto haben, um die neue Batterie entsprechend am Steuergerät anzumelden. Wenn man Pech habe, so der Mann, will das Auto vier Stunden in Ruhe gelassen werden, damit sich das Steuergerät zurücksetzt und anschließend die Batterie selbstständig erkennt.
Und annimmt, freundschaftlich wahrscheinlich, sinniere ich kurz über die offenbar zunehmende künstliche Intelligenz von Autos. Mir macht das ja inzwischen Sorge; wenn Dinge dermaßen vor Intelligenz strotzen, dass die meine nicht mehr ausreicht, um sie zu reparieren.