Wohnung kalt — Fabrikhallen leer?

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“

Hohe Ener­gie­kos­ten – ers­te Unter­neh­men stel­len Pro­duk­ti­on ein
[Janu­ar 2022] 


Wegen hoher Ener­gie­prei­se: Fir­men dros­seln Produktion
[Juli 2022] 


Hohe Ener­gie­kos­ten: 16 Pro­zent der Unter­neh­men stop­pen Pro­duk­ti­on oder schrän­ken Geschäft ein
[Juli 2022] 


Stark gestie­ge­ne Ener­gie­prei­se gefähr­den Pro­duk­ti­on in Deutschland
[Juli 2022] 


Indus­trie warnt: Hohe Ener­gie­prei­se gefähr­den Exis­tenz von Unternehmen
[Sep­tem­ber 2022] 


Arce­lor­Mit­tal stellt Pro­duk­ti­on in Ham­burg und Bre­men ein

[Sep­tem­ber 2022] 


Hak­le mel­det Insol­venz an

[Sep­tem­ber 2022] 


.... to be continued

BTW:
Klei­ne Durch­sa­ge von :
Anna­le­na Bearbock

Krieg ist immer ein politischer Akt

Na das hat ja nicht lan­ge gedau­ert. Ich war wirk­lich gespannt, wer sich wohl als ers­tes aus der Deckung wagt und den Ein­satz von Boden­trup­pen für die Unter­stüt­zung des Kriegs in der Ukrai­ne for­dert. Aus­ge­rech­net die TAZ ver­öf­fent­lich­te einen Kom­men­tar des Publi­zis­ten Udo Knapp, der neben­bei bemerkt, als 1945 Gebo­re­ner eigent­lich noch wis­sen müss­te, dass mit einer Ent­gren­zung des Krie­ges eine Befrie­dung nicht her­bei­zu­füh­ren ist. Das Gegen­teil ist der Fall. 

Dabei ist Knapp einem Trug­schluss auf­ge­ses­sen, den vie­le Anhän­ger des Bel­li­zis­mus als Legi­ti­ma­ti­on für eine mili­tä­ri­sche Ein­mi­schung in das Kriegs­ge­sche­hen nut­zen: Der Ukrai­ne-Krieg die­ne Putin nur als Zwi­schen­ziel zur voll­stän­di­gen Ver­nich­tung des Wes­tens. Die­se Erzäh­lung eig­net sich eben­falls dazu, dem Sou­ve­rän auf­kom­men­de „Kriegs­mü­dig­keit“ zu verleiden. 

In der Logik des TAZ Publi­zis­ten kann die­se Ent­wick­lung nur gestoppt wer­den, wenn west­li­che Boden­trup­pen an der Sei­te der ukrai­ni­schen Armee in das Kriegs­ge­sche­hen aktiv ein­grei­fen, de fac­to wäre das die offi­zi­el­le Kriegs­er­klä­rung gegen Russland.

Bis­her ist das nur eine Mei­nung, wobei ich ver­mu­te, dass die selbst­er­nann­ten Mili­tär­ex­per­ten der poli­ti­schen Büh­ne min­des­tens gedank­lich im stil­len Käm­mer­lein auch bereits die­se Opti­on in Erwä­gung gezo­gen haben.

Ins­be­son­de­re die Grü­nen haben dabei eine erstaun­li­che Meta­mor­pho­se hin­ter sich. Von einer Par­tei, des­sen Grund­satz­pro­gramm sich aus der pazi­fis­ti­schen Bewe­gung der acht­zi­ger Jah­re speis­te hin zur kriegs­füh­ren­den Regie­rung, das muss man erst mal schaf­fen, ohne sich als Par­tei selbst auszuradieren. 

„Kei­ne Waf­fen und Rüs­tungs­gü­ter in Kriegs­ge­bie­te. Grün wäh­len!“, skan­dier­ten die Grü­nen noch bis vor kur­zem. Aber ja, die wei­ßen Tau­ben sind müde und Pazi­fis­ten sind Spin­ner. Bei so viel Wan­del wer­den feuch­te Träu­me bei denen wahr, die die rhe­to­ri­sche Fra­ge zum tota­len Krieg mit einer Gän­se­haut auf dem Unter­arm quit­tiert wissen. 

CDU-Mann Nor­bert Rött­gen hielt im Zusam­men­hang mit dem Irak-Krieg Waf­fen­lie­fe­run­gen in aku­te Kriegs­ge­bie­te noch im Jahr 2014 für höchst pro­ble­ma­tisch. Aber was inter­es­siert einen Poli­ti­ker sein Geschwätz von ges­tern, wenn es dar­um geht Teil einer poli­ti­schen Eli­te zu sein, die in ihrer Vor­stel­lung von einem gerech­ten Krieg die Welt vom Teu­fel befreit?

Seit über 75 Jah­ren herrscht in Mit­tel­eu­ro­pa Frie­den. Das scheint zu lang zu sein, dass sich das Volk dar­an erin­nert was Krieg bedeu­tet. Viel­leicht hilft die Erin­ne­rung an ein Zitat von August Bebel:

„Nicht die Völ­ker sind es, die kriegs­lüs­tern sind…“

Tour de Ruhr

Wie­so in die Fer­ne schwei­fen, wenn das Gute vor der Haus­tür liegt. Urlaub im Ruhr­ge­biet, vor ein paar Jah­ren noch wäre das eher als Witz denn als ernst­ge­mein­te Alter­na­ti­ve durch­ge­gan­gen. Heu­te aller­dings lädt die Ruhr an den Ufern zum Ver­wei­len ein. Der Bal­de­ney­see als der größ­te von ins­ge­samt sechs Stau­seen im Ruhr­ge­biet bie­tet alles, was man an Was­ser­sport so anstel­len kann. Mit dem Fahr­rad ist die Metro­po­le vom Sau­er­land aus durch den Ruhr­tal-Rad­weg verbunden. 

Die Hotels und Gas­stät­ten an der Ruhr haben sich inzwi­schen auf die zahl­rei­chen Rad­fah­rer ein­ge­stellt und bie­ten Unter­stell — und Lade­mög­lich­kei­ten für das Fahr­rad (soweit mit Motor).

Rund um den Bal­de­ney See ver­läuft der Fahr­rad­weg so flach, dass er aller­dings auch ohne Motor zu bewäl­ti­gen ist. Auch kuli­na­risch hat das Ruhr­ge­biet eini­ges zu bie­ten. Natür­lich gibt es neben der hohen Küchen­kunst noch die uri­gen Knei­pen, wo der Wirt Fra­gen nach der Tages­kar­te mit dem Hin­weis auf Omas Fri­ka­del­len beant­wor­tet und die Nach­fra­ge nach einem Bröt­chen zusätz­lich mit “Ist schon mit drin”. 

Als Sau­er­län­der weiß man aller­dings auch, dass Knei­pen gegen den Durst erfun­den wur­den. Mit dem Fahr­rad ist man direkt und schnell vor dem Ort mög­li­cher Sehens­wür­dig­kei­ten, The­men­schwer­punk­te der Rou­te Indus­trie­kul­tur lie­gen eben­falls an der Stre­cke und sind ent­spre­chend ohne läs­ti­ge Park­platz­su­che zu bewerkstelligen. 

Wahr und Unwahr

Wahr ist, dass durch die restrik­ti­ven Maß­nah­men gegen Russ­land im Bereich Ener­gie­ver­sor­gung, die Gefahr einer weit­ge­hen­den Deindus­tria­li­sie­rung der BRD denk­bar ist.

Unwahr ist, dass die Ame­ri­ka­ner bereits den Deut­schen ange­bo­ten haben, Arbeits­plät­ze durch die ver­mehr­te Auf­stel­lung von McDonald‘s Buden zu schaffen.

Unwahr ist eben­falls die Begrün­dung, der deut­sche Mit­tel­stand kön­ne sich ver­nünf­ti­ge Nah­rung in Zukunft eh nicht mehr leis­ten und so wür­de man zwei Flie­gen mit einer Klap­pe schla­gen: Bil­li­ge Nah­rung und bil­li­ge Arbeitsplätze. 

Wahr ist, dass die deut­sche Auto­in­dus­trie die Trans­for­ma­ti­on auf E‑Autos weit­ge­hend abge­schlos­sen hat. 

Wahr ist auch, dass die Ent­wick­lung und Fer­ti­gung effi­zi­en­ter und schad­stoff­ar­mer Ver­bren­nungs­mo­to­ren wei­ter­hin in Indi­en, Chi­na, Süd­ame­ri­ka und den USA geplant ist. Wahr ist auch, dass die Pro­duk­ti­on dem Markt folgt. 

Unwahr ist, dass die Bun­des­re­gie­rung die Abwan­de­rung der deut­schen Auto­in­dus­trie in die­se Län­der mit üppi­gen Sub­ven­tio­nen fördert. 

Wahr ist, dass nie­mals so viel gelo­gen wird, wie vor den Wah­len und wäh­rend eines Krieges.

Wahr ist auch, dass der bri­ti­sche Poli­ti­ker und Frie­dens­ak­ti­vist Lord Arthur Pon­son­by (1871–1946), von dem das berühm­te Zitat stammt:“Das ers­te Opfer des Krie­ges ist die Wahr­heit“, Struk­tur­ele­men­te über die Prin­zi­pi­en der Pro­pa­gan­da beschrie­ben hat. 

Unwahr ist, dass die­se Regeln als Lehr­ma­te­ri­al für die Auf­de­ckung von Kriegs­pro­pa­gan­da an den Jour­na­lis­ten­schu­len gelehrt würden. 

Ferienbeginn

Feri­en­be­ginn, Zeug­nis­se. Das jüngs­te Netz­kind hat sich seit­dem nicht bli­cken las­sen. Viel­leicht ist das Zeug­nis so schlecht, viel­leicht braucht sie aber auch mal eine Pau­se von mir. 

Anruf bei der Groß­mutter des jüngs­ten Netz­kin­des, ich will wis­sen, wie das Zeug­nis so aus­ge­fal­len ist. 

Durch­weg gut, über­ra­schen­der Wei­se sehr gut in Mathe­ma­tik, Kunst und Sport. Sport war klar, das Kind kann den Weg von zuhau­se nach uns im Flic Flac zurück­le­gen, wenn‘s drauf ankommt. „Frag sie sel­ber“, insis­tiert Oma. 

Das Netz­kind könn­te beim CIA arbei­ten, so ver­schwie­gen kann sie manch­mal sein. Mehr als ein: „Alles gut“, ist dem Kind nicht zu entlocken. 

Ich ver­su­che es mit Bestechung. „Ich könn­te viel­leicht etwas Zeug­nis­geld locker machen“, ver­su­che ich das Kind zum Reden zu brin­gen. Post­wen­dend bekom­me zur Ant­wort, dass sie das Zeug­nis lei­der nicht ver­kau­fen kön­ne, da es nach Feri­en­en­de unter­schrie­ben zur Schu­le wie­der mit­ge­bracht wer­den müsse. 

Schützenfest

Die Schüt­zen­fest­sai­son im Sau­er­land hat begon­nen. Wer nun so gar nichts damit zu tun hat, dem sei gesagt: Schüt­zen­fest ist, wenn das gan­ze Dorf sich der­ma­ßen besäuft, dass sich spä­ter nie­mand an Ein­zel­hei­ten erin­nern kann. Ohne Rück­sicht auf die Pro­mil­le­wer­te wird drei Tage lang so viel Bier in den Kör­per geschüt­tet, wie phy­si­ka­lisch rein­geht. Der Orts­ein­gang und Aus­gang wird für den fah­ren­den Ver­kehr gesperrt, Warn­hin­wei­se am Orts­ein­gang und Aus­gang wei­sen auf die Gefah­ren­zo­ne hin. Gemein­hin ist es auch so, dass wer im Sau­er­land in einem Dorf hei­misch wird, trink­fest sein muss. Die Bemü­hun­gen sich vor dem Schüt­zen­fest zu drü­cken enden meist kläg­lich, spä­tes­tens wenn der Nach­bar den Vogel abschießt.

Dass es bei die­sem Pro­ze­de­re zu eini­gen kurio­sen Zwi­schen­fäl­len kommt, ist nicht unüb­lich. So rief eine Frau am frü­hen Mor­gen die Poli­zei zu sich, um den ver­dutz­ten Beam­ten mit­zu­tei­len, dass ein frem­der Mann in ihrem Bett gele­gen habe, der sich bei Ent­de­cken und anschlie­ßen­dem Auf­schrei der Frau gruß­los soeben aus dem Schlaf­zim­mer ver­ab­schie­det habe. Die Recher­che der Beam­ten vor Ort ergab, dass der Nach­bar voll wie eine Strand­hau­bit­ze beim dies­jäh­ri­gen Schüt­zen­fest, von Kum­pels nach Hau­se gebracht und ins Bett gelegt wor­den war. Aller­dings nicht ins eige­ne, son­dern in das der Nach­ba­rin, da die Hel­fer eben­falls nicht mehr ganz nüch­tern waren und sich schlicht­weg im Haus geirrt hatten.

Die Haus­tür in der Nach­bar­schaft war offen­sicht­lich für den Ein­lass des eige­nen Ehe­manns nur ange­lehnt – ob die­ser nun eben­falls außer­häus­lich über­nach­tet hat­te oder nur an der The­ke ein­ge­schla­fen war ist nicht bekannt.

Vom Einkaufen

Bis­her hat­te ich gedacht, dass Rent­ner kei­ne Zeit haben – zumin­dest ist das ja so ein geflü­gel­ter Begriff. Das stimmt offen­bar nicht für ein­kau­fen­de Rent­ner. Die älte­re Dame vor mir im Ein­kaufs­la­den an der Kas­se jeden­falls, schien es nicht beson­ders eilig zu haben. Die Frau beob­ach­te­te in aller See­len­ru­he den sich vor­schie­ben­den Ein­kauf – ohne eine erkenn­ba­re Reak­ti­on, die dar­auf schlie­ßen ließ, das soeben Erwor­be­ne auch einzupacken. 

Im Anschluss fol­ge das obli­ga­to­ri­sche Aus­kip­pen des Porte­mon­naies, um der Fest­stel­lung zu genü­gen, dass 9 Cent zu wenig im sel­bi­gen waren und nun die gro­ße Suche nach Geld im eben­so gro­ßen Geld­beu­tel begann. Nach gefühl­ten 15 Minu­ten und dem mehr­ma­li­gen Hin­weis der alten Dame ob der See­schwä­che: „Jun­ger Mann, ich kann das gar nicht sehen, sind das jetzt zwei Euro oder nur einer?“, war der Bezahl­vor­gang schließ­lich erledigt.

Ein Rau­nen hin­ter mir in der Sams­tags­ein­kaufs­kas­sen­schlan­ge, deu­te­te auf einen leich­te Unge­duld der Anwe­sen­den, was die Dame aller­dings nicht davon abhielt jetzt erst ein­mal die immer noch auf dem Ein­kaufs­band, bzw. des­sen Ende befind­li­chen Ein­käu­fe exakt mit ihrem vom eben­falls leicht ent­nerv­ten Ver­käu­fer ein­ge­for­der­ten Kas­sen­zet­tel und dem Ein­kaufs­zet­tel zu ver­glei­chen. Eine gefühl­te hal­be Stun­de spä­ter end­lich begann die alte Dame ihre erwor­be­nen und mit Ein­kaufs­zet­tel und Bon ver­gli­che­nen Ein­käu­fe end­lich in den Wagen zu legen – und zwar nach dem Prin­zip des Com­pu­ter­spiels Tetris — nur langsamer.

Wahr und Unwahr

Wahr ist, dass der dem im zwei­ten Welt­krieg für die Ermor­dung etli­cher Dis­si­den­ten ver­ant­wort­li­che Ste­pan Ban­de­ra zuge­neig­te „Reprä­sen­tant eines ernst zu neh­men­den Staa­tes ersicht­lich unge­eig­ne­ter Moralpöbler“¹, Andrij Mel­nyk, den ver­stor­be­nen Faschis­ten Ban­de­ra im Jahr 2015 mit Blu­men am Grab ehr­te.

Unwahr ist, dass ab sofort alle Bot­schaf­ter mit einem Fai­ble für Auto­kra­tie und Mas­sen­er­schie­ßun­gen einen Ehren­kranz für ver­stor­be­ne Natio­nal­so­zia­lis­ten in der Bun­des­re­pu­blik nie­der­le­gen dürfen. 

Wahr ist, dass Fried­rich Merz den Deut­schen erklärt, dass ihr Wohl­stand vor­erst vor­bei sei. 

Unwahr ist, dass der Oppo­si­ti­ons­füh­rer und CDU-Chef als sicht­ba­ren Beweis dafür eines sei­ner Flug­zeu­ge ver­kau­fen will.

Wahr ist, dass die Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rin Chris­ti­ne Lam­brecht in guter Tra­di­ti­on unfä­hi­ger Ver­tei­di­gungs­mi­nis­ter und — minis­te­rin­nen steht. 

Unwahr ist, dass ihr Des­in­ter­es­se an dem Amt dar­auf zurück­zu­füh­ren ist, dass sie rund um die Uhr ihren erwach­se­nen Sohn beauf­sich­ti­gen muss.

¹ Tho­mas Fischer in Spie­gel-online.

Krieg als Mittel der Politik

Der deut­sche Phi­lo­soph Hegel sah im Krieg etwas Rei­ni­gen­des, dass die »Staa­ten vor der Fäul­nis bewahrt, in wel­che sie eine dau­ern­de Ruhe oder gar ein ewi­ger Frie­den ver­set­zen wür­de.« Vor Beginn des 1. Welt­krie­ges sahen auch eini­ge Intel­lek­tu­el­le den Kriegs­ein­tritt posi­tiv.

»Anton Wild­gans, Georg Heym, Tho­mas Mann, Georg Tra­kl, Ernst Jün­ger, Max Sche­ler, Her­mann Bahr, Georg Sim­mel, Hugo von Hof­manns­thal, Rai­ner Maria Ril­ke, Robert Musil, Oskar Kokosch­ka usw. – begrüß­ten den Krieg. Sie sahen in ihm nicht das Ende oder den Unter­gang, son­dern die Ver­än­de­rung, den Auf­bruch in eine neue, bes­se­re Welt, frei von Deka­denz, Uti­li­ta­ris­mus und Entfremdung.« 

Selbst Ärz­te und Wis­sen­schaft­ler waren dem Krieg zuge­tan, als »Aus­le­se der schwa­chen Gesell­schafts­seg­men­te und als Prüf­stein, an dem alles aus­ge­schie­den wür­de, was krank und faul ist.« 

Ich kann mich des Ein­drucks nicht erweh­ren, dass auch heu­te vie­le Medi­en­ver­tre­ter, Poli­ti­ker und Bür­ger dem nicht abge­neigt sind. Anders lässt sich die neue ent­deck­te Kriegs­lust von Tei­len der Grü­nen, FDP und CDU kaum erklä­ren. Die Sofa­krie­ger im Bun­des­tag schei­nen das Hel­den­tum wie­der ent­deckt zu haben. Deutsch­lands Außen­mi­nis­te­rin spricht vom Sieg der Ukrai­ne und eine vor­sich­ti­ge Staats­füh­rung des Bun­des­kanz­lers ob der Beden­ken eines 3. Welt­kriegs wird als zögernd und Weich­ei­po­li­tik abge­tan, der­weil der ukrai­ni­sche Zuflüs­te­rer Mel­nyk die Regie­rung belei­di­gen darf und sich des Jubelns vie­ler kriegs­be­sof­fe­ner Mit­strei­ter sicher sein kann. Ver­ges­sen wird lei­der, dass es am Ende nie einen »kon­trol­lier­ten« Krieg geben kann. Wes­halb soll­te die größ­te Atom­macht der Welt einer völ­lig nai­ven Logik der EU-Prä­si­den­tin Ursu­la von der Ley­en fol­gend, einer bedin­gungs­lo­sen Kapi­tu­la­ti­on zustimmen?

Mehr noch, mit den ein­deu­ti­gen Wor­ten aus Brüs­sel, dem »ent­gül­ti­gem Sieg« der Ukrai­ner und dem Hin­weis der EU-Prä­si­den­tin, man wer­de »Pro­zes­se gegen alle Kriegs­knech­te des Kremls« füh­ren, ist der Weg für Ver­hand­lun­gen nicht nur ver­baut; die Aus­sa­ge zeigt, das der Weg des Krie­ges und der Gewalt der ein­zi­ge für Brüs­sel ist und das offen­sicht­lich mit allen Kon­se­quen­zen für Deutsch­land. Wenn man das Worst-Case Sze­na­rio ein­mal durch­spielt, kommt man ganz schnell zu der Über­le­gung, dass es bei wei­te­rer Eska­la­ti­on Deutsch­land und Euro­pa die gro­ßen Ver­lie­rer sein dürften. 

Trotz aller Beteue­rung von Poli­ti­kern und Kon­flikt­for­schern, dass ein Atom­schlag der Rus­sen unwahr­schein­lich ist, könn­te die Nai­vi­tät der Aus­sa­ge bei Über­schrei­tung einer roten Linie genau dazu füh­ren. Das Sze­na­rio jeden­falls hat Russ­land bereits visua­li­siert dar­ge­stellt und zwar nicht mit tak­ti­schen Kern­waf­fen gegen die Ukrai­ne, son­dern mit stra­te­gi­schen Atom­waf­fen gegen Europa. 

Ist es klug, ein Land das über ca. 6000 Atom­spreng­köp­fe ver­fügt und somit die größ­te Atom­macht der Welt ist, mit einer For­de­rung zur bedin­gungs­lo­sen Kapi­tu­la­ti­on so sehr an die Wand zu drän­gen, das bei einem Macht­men­schen wie Putin reflex­ar­tig die Mög­lich­keit zu einem ato­ma­ren Erst­schlag gegen die ver­meint­li­chen Aggres­so­ren nicht aus­zu­schlie­ßen ist? Der Mann ist sieb­zig Jah­re alt und hat nichts zu verlieren. 

Gera­de die bei­den Welt­krie­ge soll­ten uns ein mah­nen­des Bei­spiel dafür sein, was pas­siert, wenn sich die Eska­la­ti­ons­spi­ra­le aus Miss­ver­ständ­nis­sen, fal­schen Infor­ma­tio­nen und Pro­pa­gan­da auf­schau­kelt und irgend­wann nicht mehr zu stop­pen ist. Mit der Lie­fe­rung schwe­rer Waf­fen an die Ukrai­ne sind wir, sogar laut Mel­nyk, Diplo­mat und Freund rechts­extre­mer Grup­pie­run­gen, für Russ­land sogar bereits Kriegspartei.

Bei allem Ver­ständ­nis hel­fen zu wol­len, soll­ten wir uns an die Wor­te Hel­mut Schmidts erin­nern, der eine Ein­mi­schung in die inner­po­li­ti­sche Kon­flik­te eines Lan­des stets ablehn­te.

»Gewalt lässt sich nicht mit Gewalt aus­rot­ten«, davon war der ehe­ma­li­ge Bun­des­kanz­ler überzeugt.
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Quel­len­nach­wei­se:

Wiki­pe­dia — der ers­te Weltkrieg

Wiki­pe­dia — Die zuspit­zung des Kon­flikts, die Juli-Krise

»Krieg! Es war Rei­ni­gung, Befrei­ung, was wir emp­fan­den, und eine unge­heu­re Hoffnung.«

nachdenkseiten.de — Deutsch­land, wo sind Dei­ne Dich­ter und Denker?

Oskar Lafon­taine — Ame­ri­ka treibt Euro­pa in einen Atomkrieg.

jungewelt.de — Bis zum letz­ten Tropfen.

berliner-zeitung.de — Mel­nyk: »Für Putin ist Deutsch­land längst Kriegspartei«

Frank­fur­ter Rund­schau — Ukrai­ni­scher Bot­schaf­ter Andrij Mel­nyk unter­stützt ultra­rech­tes Asow-Regiment

zeit.de [Arti­kel aus dem Jah­re 2009] — Schmidt gegen Ein­mi­schung in ande­ren Staaten

Ukraine — Krieg ohne Ende?

So wie jeder ein­zel­ne Mensch das Recht auf Selbst­ver­tei­di­gung hat, so ist die­ses Recht in Arti­kel 51 der UN-Char­ta eben­falls für Staa­ten gere­gelt. Es stellt die Aus­nah­me vom Gewalt­ver­bot dar und regelt das natur­ge­ge­be­ne Recht im Fall eines bewaff­ne­ten Angriffs auf gewalt­sa­me Wehrhaftigkeit. 

Selbst­ver­ständ­lich sind ande­re Staa­ten min­des­tens auch mora­lisch ver­pflich­tet, bedräng­te Staa­ten huma­ni­tär zu hel­fen. Aber was ist, wenn im Kri­sen­ge­biet eine Par­tei ande­re, nicht betei­lig­te Staa­ten zu Waf­fen­lie­fe­run­gen gera­de­zu selbst­ver­ständ­lich erwartet? 

Wenn sorg­fäl­ti­ge Prü­fun­gen der Geber­län­der ob der mög­li­chen Trag­wei­te von Lie­fe­run­gen der erwünsch­ten Kriegs­waf­fen mit Belei­di­gun­gen beant­wor­tet wer­den? Wenn das Land das Staats­ober­haupt eines ande­ren Lan­des, von dem Hil­fe erwar­tet wird, brüsk zurück­weist, wenn die­ser sich per­sön­lich ein Bild von der Lage machen will? 

Kann man mit Waf­fen­lie­fe­run­gen in ein Kri­sen­ge­biet einen Krieg stop­pen? Wel­chen Anspruch wer­den zukünf­ti­ge Kriegs­par­tei­en an die Bun­des­re­pu­blik hin­sicht­lich Waf­fen­lie­fe­run­gen stel­len? Kön­nen wir das dann verneinen? 

Wie­so stel­len sich Groß­tei­le der Poli­tik und der Gesell­schaft nicht mehr die Fra­ge nach Ver­hand­lun­gen, oder auch nur nach der Fra­ge einer mög­li­chen wei­te­ren Eska­la­ti­on des Krie­ges bei Lie­fe­rung von schwe­ren Waffen? 

Wer­den wir end­gül­tig zur Kriegs­par­tei, wenn wir in das Kriegs­ge­sche­hen mit schwe­ren Angriffs­waf­fen ein­grei­fen? Was ist, wenn die Ukrai­ne als nächs­ten Schritt und bei ver­mut­lich wei­te­rer Eska­la­ti­on per­so­nel­le Unter­stüt­zung, sprich die Unter­stüt­zung der Bun­des­wehr fordert? 

Wer pro­fi­tiert eigent­lich vom Krieg? Wie ist das völ­ker­recht­lich zu sehen, wenn die Ukrai­ne Söld­ner aus aller Welt auf­for­dert für ihr Land in den Krieg zu ziehen? 

Kei­ne Fra­ge, der Ein­marsch der Rus­sen in die Ukrai­ne ist eine Kriegs­er­klä­rung und auf das Schärfs­te zu ver­ur­tei­len. Selbst­ver­ständ­lich soll­te jedes Land huma­ni­tä­re Hil­fe in Form von Flücht­lings­auf­nah­me gewähr­leis­ten. Aber dür­fen wir uns immer wei­ter in einen Krieg ein­mi­schen, der bereits seit acht Jah­ren, zumin­dest im Osten der Ukrai­ne, aus­ge­tra­gen wird? 

Imma­nu­el Kant hat in einer Schrift Ende des 18. Jahr­hun­derts einen phi­lo­so­phi­schen Ent­wurf vor­ge­legt, des­sen Theo­rien die Char­ta der Ver­ei­nig­ten Natio­nen maß­geb­lich beein­flusst hat.

In der Schrift mit dem sin­ni­gen Namen »Zum ewi­gen Frie­den« ist vom Prin­zip der Nicht­ein­mi­schung die Rede, wonach es für eine Inter­ven­ti­on kei­ne Rechts­grund­la­ge geben kann.

Ein Krieg dient nach Kant zur Ent­schei­dung von Ansprü­chen, die bei­de Par­tei­en behaupten.

Bei einem Ver­stoß gegen die Kriegs­ord­nung, so Kant wei­ter, »kann nun kei­ne über­ge­ord­ne­te Instanz im Sin­ne eines Bestra­fungs­krie­ges ein­grei­fen, so dass die Kriegs­par­tei­en, die sich einen sol­chen Ver­stoß vor­wer­fen, in einen Ver­nich­tungs­krieg gera­ten, der nicht anders als durch die Ver­nich­tung einer Par­tei ent­schie­den wer­den kann.« 

Es gibt kei­nen gerech­ten Krieg – aber es gibt das Recht eines jeden Staa­tes zur Lan­des­ver­tei­di­gung. Wenn wir aber mit Waf­fen­lie­fe­run­gen, ins­be­son­de­re von Angriffs­waf­fen, Ter­ri­to­ri­al­ver­tei­di­gung umkeh­ren in einen Ver­nich­tungs­krieg, dann wäre das unverzeihlich.