Author Archives → Peter Lohren
Künstliche Verknappung
Das jüngste Netzkind kommt zum Essen. Mit ihren acht Jahren zählt alles, was grün ist, nicht gerade zur Lieblingsspeise. Kartoffeln verschmäht sie ebenfalls, außer in Form von Fritten. Als Großonkel bin ich in keinerlei Erziehung involviert, das Netzkind weiß also, dass es eine gewisse Sicherheit für die Duldung nonkonformen Verhaltens gibt, das gilt auch für’s Essen. Böse Zungen behaupten gar, ich würde absichtlich versuchen, anarchistische Umtriebe beim Kind zu wecken.
Der Gedanke jedenfalls, dem Kind ein Taschenmesser schenken zu wollen und der ständige Hinweis auf eine zeitlich nicht mehr so entfernte Moppedzeit und Tipps zum Vortäuschen der heimischen Anwesenheit, obwohl man doch auf einer Fete ist, trägt nach Meinung der Mutter des Netzkindes, meiner Nichte, nicht gerade dazu bei, ihre Vorstellungen von einem kreuzbraven Kind umzusetzen. Aber das ist wieder etwas anderes.
Das Netzkind jedenfalls weiß, dass sie bei mir Fritten und als Nachtisch Eis bekommt. Als Reaktion auf die Nachlässigkeit beim Essen ließ ich mich dann doch zu Sanktionen beim Nachtisch hinreißen, indem ich dem Netzkind nur die Hälfte der Portion von allen anderen gab. Empört gab das Netzkind kund, dass es sich von mir verarscht fühle. [sic!]
Entrüstung aller Anwesenden indes gab’s nur in meine Richtung – mit dem deutlichen Hinweis offensichtlich verfehlter, vom Großonkel übernommener sprachlicher Nachlässigkeiten.
Nervige Anrufe
Früher war das Haustelefon etwas besonderes. Es war von der Post gemietet, es gab die Farben grau, orange und grün zur Auswahl, wurde oftmals mit einem Brokadbezug bedacht und hatte – zumindest bei uns zu Hause – ein Schloss in der Wählscheibe, um die Jugend vor allzu viel Schwatzhaftigkeit abzuhalten, schließlich kostete eine Minute telefonieren in der damaligen Zeit um die 30 Pfennige. Wenn es klingelte, war das oft mit schlechten Nachrichten verbunden, einfach mal so anrufen, das war verpönt.
Auch für die anderen Nachrichten per Telefon gab es Verhaltensregeln, man rief z.B. nicht in der Zeit um 20.00 Uhr an, denn dann lief die Tagesschau. Nach der Tagesschau wurde nur zu wirklich wichtigen Zwecken telefoniert. Morgens durfte ab 08.00 Uhr telefoniert werden, am Wochenende erst ab 10.00 Uhr, zu den Essenszeiten galt ebenso Telefonverbot wie in der Zeit der Mittagsruhe. Im Grunde beschränkte sich damit das Telefonzeitfenster auf wenige Stunden täglich, ansonsten blieb das brokatbedeckte Gerät im Flur oder im Wohnzimmer still.
Heute ist das Telefon eine Spamschleuder, klingelt zu den unmöglichsten Zeiten und der oder die Anrufer werben mit allem möglichen und führen auch sonst nichts Gutes im Schilde.
Abhilfe schafft die Fritzbox. In der Weboberfläche der Fritzbox lassen sich gezielt Telefonnummern sperren. Beim Angerufenen bleibt das Telefon dann stumm. Allerdings hört der Anrufer immer noch ein Freizeichen.
Für besonders hartnäckige Anrufer empfiehlt sich die Umleitung an eine der bekannten Abwimmelhotlines wie der von frankgehtran.de.
Es sei denn, sie möchten ihre Schwiegermutter jemand anderes ärgern, dann leiten Sie per Fritzbox alle bekannten Spamanrufe an diese Telefonnummer weiter.
Immer noch Winter
Es scheint ein schneeloser Winter zu werden. Im Gegensatz zu letztem Jahr hat Frau Holle dieses Jahr wohl geschlossen;-)
Wahr und Unwahr
Wahr ist, dass der aus seiner Partei ausgetretene Ex-AFD Chef Meuthen der AFD totalitäre Ansätze bescheinigt und ihr damit endgültig den Nimbus einer bürgerlichen Partei genommen hat.
Unwahr ist, dass das der AFD geschadet hätte.
Wahr ist, dass Erika Steinbach einen Antrag auf Mitgliedschaft in der AFD gestellt hat.
Unwahr ist, dass die Rechtsausleger Hans-Georg Maaßen, Thilo Sarrazin und Max Otte gleichsam um eine Aufnahme in die AFD gebeten hätten.
Wahr ist, dass Bundeskanzler Scholz oftmals viel redet und wenig sagt.
Unwahr ist, dass er das bei Willi Brandt gelernt hätte.
Wahr ist, dass es ein Grundsatz der Bundesrepublik ist, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern.
Unwahr ist, dass es ein Grundsatz der Bundesrepublik ist, keine Waffen in Krisengebiete zu liefern.
Die Selbstverständlichkeit des Bösen
Vor achtzig Jahren, am 20. Januar 1942 trafen sich mit 15 führenden Nationalsozialisten einige der wohl größten Verbrecher der Menschheitsgeschichte, um die Endlösung der Judenfrage zu organisieren. Was so bürokratisch klingt und im übrigen wohl auch von den Nazis als reiner Bürokratieakt angesehen worden ist, war nichts anderes als die Ermordung und Ausrottung von Millionen von Menschen anderen Glaubens.
Bei Schnittchen und Cognac traf sich die Abordnung der nationalsozialistischen Reichsregierung und der SS-Behörden zur berüchtigten Wannseekonferenz, um die Zusammenarbeit des Genozides zu koordinieren. Die Konferenz ist bereits nach den gefundenen Protokollen filmisch aufgearbeitet worden; am Montag zeigt das ZDF eine weitere neuere Fassung der Mordkonferenz, wobei bereits der Fernsehfilm aus dem Jahre 1984 schockierend genug ist.
Vielleicht wäre das Filmmaterial etwas für zukünftige AFD-Parteitage, ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass Meuthen und Gauland sich danach noch einmal für die Entsorgung von Menschen aussprechen, jedenfalls nicht öffentlich.
Alle verfügbaren Dokumente der Wannseekonferenz sind auf den Seiten der Gedenk-und Bildungsstätte Haus Wannsee abrufbar.
Das ZDF zeigt den Film am Montag, den 24.01.2022 um 20.15 Uhr im TV.
Einführung in das Verkehrsrecht
Mrs. L ist in die Falle getappt. In die Verkehrsfalle. In diesem Zusammenhang in Form einer gesperrte Straße mit Präsenz der Ordnungshüter vor Ort. Ausgerechnet die Straße, die sozusagen als Heimweg für uns seit Jahrzehnten gesetzt ist. Nun ist die Sperrung nichts Neues. Die Straße ist ein besserer Feldweg, der von den Behörden aufgrund der Verkehrssicherungspflicht gesperrt worden ist. Anlieger indes haben ein „Wegerecht“, der die ordnungswidrigkeitsfreie Nutzung bis nach Hause ermöglicht.
Allein — unser Haus liegt hinter dem Schild, das heißt, rein rechtlich sind wir keine Anlieger mehr. Ich selber hatte das bereits durch die Zahlungen mehrerer Bußgelder praktisch erfahren müssen. Mein Hinweis, dass eine verkehrssrechtliche Tatsache nicht dadurch außer Kraft gesetzt werde, dass man sie nicht befolgt, ließ Mrs. L mit dem Hinweis, man dürfe sich nicht alles gefallen lassen, nicht gelten.
Letztendlich hielten meine Feststellungen Mrs. L nicht davon ab, eigene Erfahrungen zu sammeln. So kam, was kommen musste und gestern demonstrierte die Ordnungsmacht ihren Handlungswillen und forderte für die Ordnungswidrigkeit des Befahrens einer für den Autoverkehr gesperrten Straße 50 Euro Bußgeld.
Mrs. L hingegen demonstrierte gegenüber der Exekutiven ihre Renitenz und versuchte sich in juristischer Argumentation und das mit Nachdruck. Geholfen hat das alles nicht. Statt eines Bußgelds erwartet Mrs. L nun eine Anzeige – ich vermute anhängend eine Vorladung wegen Insubordination und ungebührlichem Verhalten gegenüber dem Rechtsstaat.
Zitate 2021
Wie jedes Jahr die Zitate, die in bemerkenswerter Weise hängengelieben sind.
«Wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mein Land.»
— Angela Merkel, Altbundeskanzlerin —
«Bescheidenheit bei der Entsorgung von Personen ist unangebracht.»
— Jörg Meuthen, AfD —
«Also, ich würde mich zu der gehobenen Mittelschicht zählen.»
— Multimillionär und CDU-Chef Friedrich Merz -
Tagebuch des Henkers Franz Schmidt
Wenn von Tötung die Rede ist, muss das nicht zwangsläufig auch etwas mit Mord zu tun haben. Schließlich war es auch in der BRD durchaus üblich, Menschen hinzurichten. Erst 1949 wurde die Todesstrafe abgeschafft. Im 16 Jahrhundert war die Todesstrafe ganz oben auf der Tagesordnung. Auch Verstümmelungen und Auspeitschungen waren üblich. Schwor man beispielsweise einen Meineid und wurde überführt, konnte das schon mal drei Finger kosten, den ein Henker dem Überführten abhackte. Auch das Abschneiden der Ohren war durchaus üblich.
Henker oder auch Nachrichter war kein ehrbarer Beruf. Meist wurde von der Obrigkeit jemand aus dem Volk bestimmt und so für Generationen verpflichtet, Exekutionen oder Amputationen durch das Schwert oder Beil vorzunehmen. Der Henker war zwar Staatsdiener mit durchaus gutem Gehalt, musste aber zumeist am Dorfrand in einer Dienstwohnung wohnen und durfte fortan keinen anderen Beruf mehr ausüben. Der Henkersjob war ein unehrenhafter Beruf, nichts desto trotz konnte man es in dem Beruf zum Meister bringen.
Obwohl das Lesen und Schreiben für einen Henker eher unüblich war, gibt es doch Aufzeichnungen schriftlicher Art aus der Zeit des Spätmittelalters. Der Scharfrichter Franz Schmidt aus Nürnberg führte von 1573 bis 1617 ein detailliertes Verzeichnis der von ihm vollzogenen Strafen.
Franz Schmidt kämpfte im Übrigen zeitlebens darum, den Makel seines Berufs abzustreifen und sich und seine Familie von der sozialen Ächtung zu befreien. Das gelang ihm tatsächlich im Jahre 1593, als er das Nürnberger Bürgerrecht erlangte.
Durch seine praktisch erworbenen Kenntnisse in Anatomie, war er nach seiner Pensionierung noch als Arzt tätig. Die Eintragungen waren indes eher Aufzählungen als Erzählungen, zudem schrieb der Henker aufgrund fehlender Schulbildung nach Gehör.