Backwaren und anderes

Wenn die Tage kür­zer wer­den, ist das für Mrs. L deut­li­ches Zei­chen ihre Back­ak­ti­vi­tä­ten auf­zu­neh­men. Gestar­tet wird meist mit Nuss­ecken; beim Netz­kind und bei mir fin­det Mrs. L regel­mä­ßig dank­ba­re Abneh­mer. Aller­dings: Die fer­ti­gen Nuss­ecken sind weni­ger zum Ver­zehr, als zum Suchen gemacht. 

Wie in jedem Jahr wird dem Netz­kind und mir genau eine Nuss­ecke für jeden zuteil, der Rest wan­dert offen­sicht­lich in die tie­fen Wei­ten auf unse­rem Dach­bo­den; viel­leicht ver­gräbt Mrs. L sie auch im Gar­ten, wer weiß das schon? 

Jeden­falls ist es all­jähr­lich so, dass ich mich auf die Suche nach den Nuss­ecken mache, wenn Mrs. L nicht im Haus ist. 

Die­se all­seits erfolg­lo­se Suche beginnt auf dem Dach­bo­den und endet meist im Kel­ler. Das was ich dabei fin­de, hat wenig mit Nuss­ecken zu tun, jedoch viel mit Din­gen, die so gar nicht von mir ver­misst wor­den sind und ich des­halb über­rascht bin, die über­haupt noch in unse­rem Haus­halt zu finden. 

Genau wie die Nuss­ecken – aller­dings die vom letz­ten Jahr.

Zeugnisausgabe

Das jüngs­te Netz­kind bringt ihr ers­tes Zeug­nis nach Hau­se. Die Unter­schie­de zu einem Zeug­nis der höhe­ren Klas­sen lie­gen in der Art der Beur­tei­lung. Nicht Noten wer­den ver­ge­ben; die Eltern wer­den in einer schrift­li­chen Beur­tei­lung über die Fähig­kei­ten ihrer Kin­der infor­miert. Als ihr Onkel bin ich natür­lich neu­gie­rig, wo die Stär­ken des Netz­kin­des lie­gen. Auf mei­ne Fra­ge, wie das Zeug­nis aus­ge­fal­len sei, bekom­me ich die von ihr inter­pre­tier­te Stel­lung­nah­me ihrer Leh­rer in Kurz­form: “Alles Einsen.“ 

Ich stau­ne und gebe zu beden­ken, dass eine Aus­le­gung des durch die Leh­rer erstell­ten Tex­tes des Zeug­nis­ses durch Über­set­zung in eine Note nicht so ganz ein­fach wäre. 

„Doch“, insis­tiert das Netz­kind, „alles Ein­sen, hab’ ich doch gera­de gesagt.“ 

Reparaturarbeiten

Mrs. L ist besorgt über den Zustand ihres Fahr­ra­des. Die Rei­fen sind abge­fah­ren und die Brem­sen zei­gen eben­falls einen erheb­li­chen Ver­schleiß. Repa­rie­ren ist ange­sagt. Das Wort löst in mir pawlow’sche Refle­xe aus. Repa­rie­ren ist mein Ding! 

Das sieht Mrs. L aller­dings etwas anders. Mein Enthu­si­as­mus ist deut­lich aus­ge­bremst. Ich wer­fe Mrs. L vor, mein außer­ge­wöhn­li­ches Repa­ra­tur­ta­lent nicht so zu wür­di­gen, wie es den von mir erfolg­reich durch­ge­führ­ten Instand­set­zun­gen gebührt. 

Mrs. L merkt an, dass ihr nicht feh­len­des Repa­ra­tur­ta­lent Sor­gen berei­te, son­dern mein grund­sätz­li­cher Umgang mit dem kon­struk­ti­ven Kern des instand­zu­set­zen­den Gerätes. 

So sei, so Mrs. L wei­ter, es nicht unüb­lich, dass bei been­de­ter Repa­ra­tur ein paar Tei­le nicht an den Platz zurück gefun­den hät­ten, wo sie ehe­dem hingehörten. 

Mein stän­di­ger Hin­weis auf Kon­struk­ti­ons­feh­ler und der Annah­me, dass die Tei­le schlicht­weg über­flüs­sig sei­en, mache die Sache nicht bes­ser. Zwar wür­den sämt­li­che von mir repa­rier­te Gegen­stän­de durch­aus funk­tio­nie­ren, aber es wäre ihr doch lie­ber, wenn die Tei­le im Nach­hin­ein nicht Geräu­sche machen wür­den, die an ros­ti­ge Schrau­ben in einem Fleisch­wolf erinnern. 

Andere Umstände

Das jüngs­te Netz­kind zeigt sich über­rascht. In dem Haus, in dem sie wohnt, haben gleich meh­re­re Müt­ter Nach­wuchs bekom­men – und das im Abstand von weni­gen Tagen. Bei so viel Gebär­freu­de drängt sich irgend­wann die Fra­ge nach dem Wie ganz von allei­ne auf.

Nach einem Anlauf bei Mrs. L. erhält das Kind den diplo­ma­ti­schen Hin­weis, dass es eini­ge Fra­gen gäbe, die nur von den Eltern zu beant­wor­ten wären. Damit gibt sich das Netz­kind vor­erst zufrie­den. Nur weni­ge Stun­den spä­ter dann die Erklä­rung zu dem eher schwie­ri­gen The­ma: Sie habe beob­ach­tet, dass die Müt­ter immer dicker wer­den, so das Netz­kind, ver­mut­lich durch Schokolade. 

Da ihr Groß­on­kel ihr bereits im Kin­der­gar­ten­al­ter die phy­si­ka­li­sche Grund­la­ge von Über­druck anschau­lich erklärt hat, ist die Schluss­fol­ge­rung für eine kind­li­che Vor­stel­lung des Endes einer Schwan­ger­schaft nur fol­ge­rich­tig und so klärt uns das Netz­kind auf: „Die Mamas sind irgend­wann explo­diert. So hat­ten wir bei uns im Haus eine Kinderexplosion.“ 

Geschenkpapierformel

Weih­nacht­li­ches Ver­pack­tes erin­nert bei mei­nen Fähig­kei­ten lei­der mehr an etwas aus Papier, dass anschlie­ßend von einem Bus über­rollt wor­den ist. Das ist kein böser Wil­le, es fehlt ein­fach die Vor­stel­lung der rich­ti­gen Men­ge Weih­nachts­pa­pier in Abhän­gig­keit der Grö­ße des Geschenks. Der Mathe­ma­tik sei dank, auch hier eine Lösung gefun­den zu haben. Der bri­ti­sche Mathe­ma­ti­ker War­wick Dumas hat eine For­mel ent­wi­ckelt, wonach sich die exakt benö­tig­te Men­ge des Ver­pa­ckungs­ma­te­ri­als berech­nen lässt. Dem­nach soll die Län­ge des Geschenk­pa­piers den Umfang des Geschenks nicht über­schrei­ten. Die For­mel hier­zu lautet: 

2 (ab + ac + bc + c²)

In der Pra­xis lässt sich zumin­dest für mich kein nen­nens­wer­ter Vor­teil erken­nen. Die Anwen­dung der For­mel ergab min­des­tens bei einem Geschenk eine Sei­ten­län­ge von 400 Metern. Viel­leicht habe ich aber auch nur Schwie­rig­kei­ten mit der Mathematik. 

Besatzungsmacht Muridae

Der natür­li­che Feind der Haus­maus ist die Kat­ze, so sie, die Haus­maus, ihrem Namen gerecht wird und sich dort auf­hält, wo die Kat­ze zu Hau­se ist. Lei­der haben wir kei­ne Kat­zen mehr, dafür Ver­tre­ter der Gat­tung der Langschwanzmäuse(Muridae).

Wirk­sa­me Schlag­fal­le, aller­dings mögen Mäu­se ent­ge­gen der land­läu­fi­gen Mei­nung kei­nen Käse.

Mrs. L bemerk­te neben den Hin­ter­las­sen­schaf­ten wei­te­re Anzei­chen für die fort­ge­schrit­te­ne Erobe­rung unse­res Dach­bo­dens durch die mit­tel­gro­ßen Nager. Nun ist eine Maus auf dem Dach­bo­den ein zu ver­nach­läs­si­gen­des Pro­blem, zumin­dest für mich. 

Mrs. L sieht das anders und wies mich mit Nach­druck auf die Not­wen­dig­keit, der völ­ker­rechts­wid­ri­gen Besat­zung ein Ende zu machen. 

Als geüb­ter Jäger, der sich im prak­ti­schen Ein­satz des Fan­gens aller ein­ge­schlepp­ten Arten von Getier durch unse­re Kat­zen behaup­tet hat, berei­te­te ich die Gefan­gen­nah­me des Nagers vor. 

Mäu­se sind in der Regel nicht so leicht in eine Fal­le zu locken, sie sind vor­sich­tig und lat­schen nicht gleich in die erst­bes­te Hin­ter­häl­tig­keit. Es braucht eini­ges an Erfah­rung und Geduld um so einen Nager zu fangen. 

Umso ver­wun­der­ter war ich, dass die auf­ge­stell­te Fal­le das Pelz­tier bereits nach weni­gen Stun­den exe­ku­tiert hatte.

Zur Sicher­heit stell­te ich die Fal­le neu auf, um fest­zu­stel­len, dass ein zwei­ter Okku­pant am nächs­ten Mor­gen Opfer der Fal­le gewor­den war. 

Jetzt war ich doch etwas beun­ru­higt. Eine Maus ok, aber von zwei Mäu­sen bis zur Rot­ten­bil­dung ist es nun mal nicht weit. 

Die Ver­mu­tung bestä­tig­te sich beim drit­ten vier­ten, fünf­ten und sechs­ten Mal.

Man­gels Nah­rung auf dem Dach­bo­den und ver­sperr­tem Rück­weg waren die Mäu­se der­art aus­ge­hun­gert, dass sie frei­wil­lig wie die Lem­min­ge in die auf­ge­stell­ten Fal­len gingen. 

Nach einer Woche ist der Dach­bo­den nun maus­frei und nach einem Wochen­en­de Ent­sor­gung der durch die Mäu­se durch Hun­ger ange­knab­ber­ten Gegen­stän­de sogar aufgeräumt. 

Balkon mit 96000 PS


Mrs.L und ich haben gesün­digt, jawohl. Genö­tigt durch Bekann­te schip­per­ten wir jüngst mit einem Rie­sen­schiff durch die Ost­see. Natür­lich nicht ohne schlech­tes Gewis­sen. Die Neu­gier über­wog aller­dings. Ich hat­te von Kreuz­fahr­ten nicht nur nicht den blas­ses­ten Schim­mer; mei­ne Vor­stel­lung einer Kreuz­fahrt beschränk­te sich auf auf weih­nacht­li­chen Seri­en a la „das Traum­schiff.“ Illus­tre Mil­lio­nä­re las­sen mit Cham­pa­gner in der Hand, er im 4000 Euro Brio­ni Anzug, sie im Prad­akleid, den Blick über die Ree­ling schwei­fen. Umso über­rasch­ter war ich, als ich auf die Klei­der­fra­ge und in Sor­ge ob des Fal­ten­wurfs mei­nes 5 Jah­re alten Anzugs zu hören bekam:“ Anzug ist nicht, aber das Abend­essen soll­te in lan­ger Hose ein­ge­nom­men wer­den.“ In Erman­ge­lung kur­zer Hosen im hei­mi­schen Klei­der­schrank also kei­ne gro­ße Kreuzfahrerhürde. 

Wer erst ein­mal die Sicher­heits­checks (vier an der Zahl!) pas­siert und sein Recht auf infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung an der Schiffs­klap­pe abge­ge­ben hat, den umschließt das Schiff wie ein Pan­zer, von dem man oben aus dem Aus­guck, Par­don von der Reling, auf das run­ter schau­en kann, was dort in drei­ßig Meter Tie­fe so im Hafen passiert. 

Im Schiffs­bauch zeigt sich das Ambi­en­te for­mi­da­bel. Hat sich der Rei­sen­de ein­mal an die stän­di­ge ner­ven­de Des­in­fi­zie­re­rei — aus mei­ner Sicht albern, aber wohl not­wen­dig — der Hän­de vor jeder Restau­rant­tür gewöhnt, prä­sen­tiert sich ein Buf­fet, dass tat­säch­lich sei­nes­glei­chen sucht. 

Pas­sa­gie­re die sich nach abend­li­chen Ver­an­stal­tun­gen mor­gens aus der Kabi­ne schä­len, belohnt der Blick fast jeden Mor­gen auf eine ande­re Stadt – und das ohne läs­ti­gen Fuß­marsch. Betreu­ter Urlaub vom Bal­kon aus. 

Mrs. L und ich sind uns einig: Kreuz­fahr­ten sind für Leu­te die beim Fahr­rad­fah­ren einen Helm tragen. 

Nehmen sie die kurze Tour

Wenn sie jemals auf die Idee kom­men soll­ten, eine Kanu­tour mose­lab­wärts mit ihrer bes­se­ren Hälf­te zu pla­nen, dann sind sie gut bera­ten, inge­samt doch die kür­ze­re Stre­cke zu wäh­len. Wenn Sie der Mann im Boot sind, las­sen sie sich um Him­mels­wil­len nicht vom Kanu­ver­lei­her mit­tels mit­lei­di­gem Blick nach der Fra­ge der lan­gen oder der kur­zen Tour zu irgend­et­was über­re­den, das sie spä­ter bit­ter bereuen.

Auch das gezisch­te:“ Weich­ei“, soll­te sie auf kei­nen Fall in einem Anfall zur Schau stel­len­der kraft­strot­zen­der Männ­lich­keit dazu ver­lei­ten, die­se für sie rich­ti­ge Ent­schei­dung zu revi­die­ren. Wenn sie also über fünf­zig sind und nicht gera­de in ihrer Jugend für die olym­pi­sche Mann­schaft im Kanu­fah­ren trai­niert haben, sei an der Stel­le noch ein­mal ver­si­chert: DIE KURZE TOUR IST FÜR SIE DIE RICHTIGE!

Datenschutz

Das jüngs­te Netz­kind hat­te ihren Abschluss im Kin­der­gar­ten. Wäh­rend sie über ein erleb­nis­rei­ches Wochen­en­de mit Über­nach­tung in der Kin­der­gar­ten­stät­te berich­tet, blät­te­re ich im mit­ge­brach­ten Ord­ner, der die Erleb­nis­se der gesam­ten Zeit doku­men­tiert. Inter­es­san­ter Wei­se scheint sie in den drei Jah­ren mehr erlebt zu haben als ich. Neben abhef­te­ten Selbst­ge­bas­tel­tem, doku­men­tiert die Map­pe foto­gra­fisch Besu­che zahl­rei­cher öffent­li­cher Ein­rich­tun­gen und der ört­li­chen Feuerwehr. 

Nach etli­chen Sei­ten, beglei­tet mit Ent­zü­ckungs­aus­ru­fen aller anwe­sen­den Omas, Opas, Tan­ten und sons­ti­ger Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen, sto­ße ich auf die ver­mut­lich inter­es­san­tes­te Sei­te beur­kun­de­ter Kind­heit in der Kita. Die Kids soll­ten ihre größ­ten Ärger­nis­se ver­schrift­li­chen; im Anschluss wur­de die Bot­schaft in einem Behäl­ter gesammelt. 

Da sich einem jun­gen Kin­der­le­ben die Ärger­nis­se in Gren­zen hal­ten, ver­mu­te­te ich mei­nen Namen auf der Lis­te; der Ver­dacht erhär­te­te sich mit ihrer Ant­wort auf die Fra­ge nach Ein­sicht umso mehr. „Das geht auf kei­nen Fall, ist Daten­schutz“, klär­te mich das Netz­kind auf. 

Kunst am Ei

Das jüngs­te Netz­kind ist über­rascht. Ich hat­te ihr ein Bild eines kunst­voll gestal­te­ten Eies via whats­app zuge­sandt. Ungläu­big ob des künst­le­ri­schen Geschicks ihres Groß­on­kels plopp­te zehn Minu­ten spä­ter der Mes­sen­ger auf mei­nem Han­dy mit der Fra­ge nach dem Ob und Wie mei­ner hand­werk­li­chen Fähig­kei­ten auf. 

Ins­be­son­de­re und augen­schein­lich mei­ner Fähig­kei­ten Oster­ha­sen auf Eier zu malen, ließ sie ehr­fürch­tig anfra­gen, ob ich gar selbst Hand ange­legt hät­te an das Ei. So oder ähn­lich inter­pre­tier­te ich zumin­dest das stau­nen­de „Hääää?!“ des Kin­des, wes­halb ich mich natür­lich beeil­te zu ant­wor­ten, dass alles, na klar, selbst gemacht ist. 

Das stimm­te auch, betraf jedoch nicht den im Comic-Stil por­trä­tier­ten und auf’s Ei gemal­ten Hasen.

Des Rät­sels Lösung ist eine Ban­de­ro­le, die um das Ei gewi­ckelt und im Anschluss des umman­tel­ten Eies in hei­ßes Was­ser gelegt, sich sorg­sam an sel­bi­ges anlegt um im Anschluss bei rich­ti­ger Hand­ha­bung mit einem ver­blüf­fen­den Ergeb­nis beeindruckt. 

Nicht nur die ein­fa­che Hand­ha­bung und das über­rasch­te jüngs­te Netz­kind waren die Inves­ti­ti­on wert. Der Zeit­auf­wand für die Deko­ra­ti­on der öster­li­chen Eier mini­miert sich näm­lich außer­dem erheblich. 

Wo frü­her stun­den­lan­ges Fär­ben vor­herrsch­te, habe ich für die Oster­de­ko­ra­ti­on von sechs Eiern nicht ganz zwei Minu­ten gebraucht.