Datenschutz

Das jüngs­te Netz­kind hat­te ihren Abschluss im Kin­der­gar­ten. Wäh­rend sie über ein erleb­nis­rei­ches Wochen­en­de mit Über­nach­tung in der Kin­der­gar­ten­stät­te berich­tet, blät­te­re ich im mit­ge­brach­ten Ord­ner, der die Erleb­nis­se der gesam­ten Zeit doku­men­tiert. Inter­es­san­ter Wei­se scheint sie in den drei Jah­ren mehr erlebt zu haben als ich. Neben abhef­te­ten Selbst­ge­bas­tel­tem, doku­men­tiert die Map­pe foto­gra­fisch Besu­che zahl­rei­cher öffent­li­cher Ein­rich­tun­gen und der ört­li­chen Feuerwehr.

Nach etli­chen Sei­ten, beglei­tet mit Ent­zü­ckungs­aus­ru­fen aller anwe­sen­den Omas, Opas, Tan­ten und sons­ti­ger Fami­li­en­an­ge­hö­ri­gen, sto­ße ich auf die ver­mut­lich inter­es­san­tes­te Sei­te beur­kun­de­ter Kind­heit in der Kita. Die Kids soll­ten ihre größ­ten Ärger­nis­se ver­schrift­li­chen; im Anschluss wur­de die Bot­schaft in einem Behäl­ter gesammelt.

Da sich einem jun­gen Kin­der­le­ben die Ärger­nis­se in Gren­zen hal­ten, ver­mu­te­te ich mei­nen Namen auf der Lis­te; der Ver­dacht erhär­te­te sich mit ihrer Ant­wort auf die Fra­ge nach Ein­sicht umso mehr. „Das geht auf kei­nen Fall, ist Daten­schutz“, klär­te mich das Netz­kind auf.

Kunst am Ei

Das jüngs­te Netz­kind ist über­rascht. Ich hat­te ihr ein Bild eines kunst­voll gestal­te­ten Eies via whats­app zuge­sandt. Ungläu­big ob des künst­le­ri­schen Geschicks ihres Groß­on­kels plopp­te zehn Minu­ten spä­ter der Mes­sen­ger auf mei­nem Han­dy mit der Fra­ge nach dem Ob und Wie mei­ner hand­werk­li­chen Fähig­kei­ten auf.

Ins­be­son­de­re und augen­schein­lich mei­ner Fähig­kei­ten Oster­ha­sen auf Eier zu malen, ließ sie ehr­fürch­tig anfra­gen, ob ich gar selbst Hand ange­legt hät­te an das Ei. So oder ähn­lich inter­pre­tier­te ich zumin­dest das stau­nen­de „Hääää?!“ des Kin­des, wes­halb ich mich natür­lich beeil­te zu ant­wor­ten, dass alles, na klar, selbst gemacht ist.

Das stimm­te auch, betraf jedoch nicht den im Comic-Stil por­trä­tier­ten und auf’s Ei gemal­ten Hasen.

Des Rät­sels Lösung ist eine Ban­de­ro­le, die um das Ei gewi­ckelt und im Anschluss des umman­tel­ten Eies in hei­ßes Was­ser gelegt, sich sorg­sam an sel­bi­ges anlegt um im Anschluss bei rich­ti­ger Hand­ha­bung mit einem ver­blüf­fen­den Ergeb­nis beeindruckt.

Nicht nur die ein­fa­che Hand­ha­bung und das über­rasch­te jüngs­te Netz­kind waren die Inves­ti­ti­on wert. Der Zeit­auf­wand für die Deko­ra­ti­on der öster­li­chen Eier mini­miert sich näm­lich außer­dem erheblich.

Wo frü­her stun­den­lan­ges Fär­ben vor­herrsch­te, habe ich für die Oster­de­ko­ra­ti­on von sechs Eiern nicht ganz zwei Minu­ten gebraucht.

Mrs. L räumt auf

Das Netz­kind ist flüg­ge und ver­lässt das Nest. Mrs. L gibt ihrer Trau­er der­ge­stalt Aus­druck, frei­wer­den­de Räum­lich­kei­ten auf­zu­tei­len. Wobei – auf­tei­len ist viel­leicht der fal­sche Begriff, da die Zuwei­sung im Raum­nut­zungs­plan meist mit dem Satz beginnt: „Ich könn­te mir doch hier..“.

An der Stel­le wird aus dem Verb ein Impe­ra­tiv. Auf­tei­len heißt für den Mann: Reno­vie­ren der Frei­flä­chen unter Anwei­sung weib­li­cher Inspi­ra­ti­on. Für den Ehe­gat­ten bleibt in der Regel der Kel­ler als Refu­gi­um, der von Frau­en aus ver­schie­dens­ten Erwä­gun­gen merk­wür­di­ger Wei­se nie in Betracht gezo­gen wird.

Mrs. L neigt zudem zu infla­tio­nä­ren Reno­vie­rungs­wün­schen. Das ver­selb­stän­digt sich ein­fach. Aus dem Grund­ge­dan­ken einer neu­en Far­be im Raum wird nach eini­gen Stun­den eine Kern­sa­nie­rung sämt­li­cher, einem neu­en Zweck zufüh­ren­der Räum­lich­kei­ten im Haus.

Ein­halt gebo­ten wer­den kann dem nur durch die dras­ti­sche Schil­de­rung not­wen­di­ger Repa­ra­tu­ren. Da ist zum Bei­spiel der undich­te Balkon.

Mrs. L insis­tier­te gera­de auf voll­stän­di­ge Reno­vie­rung des frei­wer­den­den Zim­mers des Netz­kin­des, als ich ihr mit den Wor­ten: “Ich glau­be der Bal­kon muss abge­ris­sen wer­den“, in die Para­de fuhr.

Sicht­lich unbe­ein­druckt erweist sich Mrs. L als schock­re­sis­ten­te Okku­pan­tin und säu­sel­te mir ent­ge­gen: „Wenn Du schon dabei bist, kannst Du ja den Kel­ler reno­vie­ren, dann hast Du was ganz für Dich alleine.“

Künstliche Intelligenz

Offen­sicht­lich ist heut­zu­ta­ge nicht mehr der Motor das Wich­tigs­te in einem Auto, son­dern der Com­pu­ter. Der Wagen ächzt und jault beim Anlas­sen und die kal­ten Sau­er­län­der Win­ter sind nicht gera­de dazu ange­dacht, eine alters­schwa­che Bat­te­rie dazu zu bewe­gen, ihren Dienst zu tun. Ein­ge­denk der Tat­sa­che, dass ich bereits ein hal­bes Ver­mö­gen in das Auto gesteckt habe, kommt es auf eine Bat­te­rie nun wohl auch nicht mehr an, den­ke ich und beschlie­ße, beim Tei­le­händ­ler mei­nes Ver­trau­ens eine neue Strom­quel­le zu erwer­ben. Der belehrt mich erst ein­mal, dass eine Bat­te­rie nicht ein­fach aus­zu­tau­schen sei, schon gar nicht von einem Lai­en. Beim Wort Lai­en zucke ich kurz zusam­men, hat doch die für­sorg­li­che Pfle­ge und die zahl­rei­chen Unter­hal­tun­gen bei noch zahl­rei­che­ren Repa­ra­tu­ren mein Auto betref­fend, dafür gesorgt, dass ich umfang­rei­ches Wis­sen über Fahr­zeu­ge ansam­meln konn­te; sogar mei­ne Dia­gno­sen tref­fen oft ins Schwar­ze. Ich bin sozu­sa­gen der Dr. House des Automobils.

Die Ant­wort lässt mich also ein wenig belei­digt zurück, auch des­halb, weil man für den Aus­bau einer Bat­te­rie sicher kein Rake­ten­tech­ni­ker sein muss. Muss man nicht, klärt mich der Fach­mann auf, man müs­se nur ein Lap­top mit der spe­zi­el­len Soft­ware für das Auto haben, um die neue Bat­te­rie ent­spre­chend am Steu­er­ge­rät anzu­mel­den. Wenn man Pech habe, so der Mann, will das Auto vier Stun­den in Ruhe gelas­sen wer­den, damit sich das Steu­er­ge­rät zurück­setzt und anschlie­ßend die Bat­te­rie selbst­stän­dig erkennt.

Und annimmt, freund­schaft­lich wahr­schein­lich, sin­nie­re ich kurz über die offen­bar zuneh­men­de künst­li­che Intel­li­genz von Autos. Mir macht das ja inzwi­schen Sor­ge; wenn Din­ge der­ma­ßen vor Intel­li­genz strot­zen, dass die mei­ne nicht mehr aus­reicht, um sie zu reparieren. 

Geschenke

Arthur Scho­pen­hau­er als jun­ger Mann, por­trä­tiert 1815 von Lud­wig Sigis­mund Ruhl © gemeinfrei
Obacht bei Wer­ken von Scho­pen­hau­er. Der Phi­lo­soph des 19. Jahr­hun­derts war ein aus­ge­spro­che­ner Frau­en­has­ser. Min­des­tens zu Gra­tu­la­tio­nen ist Vor­sicht ange­sagt, so denn Scho­pen­hau­er zitiert oder als Buch ver­schenkt wird.

Mrs. L jeden­falls war not amu­sed über ein Büch­lein der Schrif­ten­rei­he Scho­pen­hau­ers, des­sen phi­lo­so­phi­sche Ten­denz und Posi­ti­on die Wirk­lich­keit durch Erkennt­nis und Den­ken zum Grund­satz sei­ner Leh­re macht.

Ich hat­te Scho­pen­hau­er in Erin­ne­rung als jeman­den, der sich leicht abfäl­lig über Frau­en äußer­te, ansons­ten aber im Sin­ne Imma­nu­el Kants ein Frei­geist und gro­ßer Den­ker war. Unzwei­fel­haft ist die kur­ze Abhand­lung Scho­pen­hau­ers zu Schön­heit und Alter nicht dazu ange­dacht, zum Geburts­tag der eige­nen Frau zu gra­tu­lie­ren, das zumin­dest sah Mrs. L genau so.

Die zu lie­ben­de Frau – Schön­heit und Alter
Arthur Scho­pen­hau­er

“Die obers­te, unse­re Wahl und Nei­gung lei­ten­de Rück­sicht ist das Alter. Im Gan­zen las­sen wir es gel­ten von den Jah­ren der ein­tre­ten­den bis zu denen der auf­hö­ren­den Mens­trua­ti­on, geben jedoch der Peri­ode vom acht­zehn­ten bis acht­und­zwan­zigs­ten Jah­re ent­schie­den den Vor­zug. Außer­halb jener Jah­re hin­ge­gen kann kein Weib uns rei­zen: Ein altes, d.h. nicht mehr menstru­ier­tes Weib erregt unse­re Abscheu. Jugend ohne Schön­heit hat immer noch Reiz; Schön­heit ohne Jugend keinen.”

Wagners Änne


In mei­ner Kin­der — und Jugend­zeit gab es in mei­nem Dorf einen Haus­halts­wa­ren­la­den. Die Besit­ze­rin, eine betag­te Dame, in mei­ner Erin­ne­rung weit über die Sieb­zig, hieß Wag­ners Änne. Die Dame ruh­te in den weni­ger fre­quen­tier­ten Zei­ten auf einem Sofa im Wohn­be­reich des Ladens, der sich an die Laden­zei­le anschloss. Oft­mals ver­gaß die Laden­be­sit­ze­rin ihr Geschäft abzu­schlie­ßen und so konn­te man auch noch am spä­ten Abend Schrau­ben oder Brief­mar­ken erwer­ben. In die­sem Laden gab es alles rund um den Haus­halt. Was es dort nicht gab, brauch­te man schlicht­weg nicht.

In Kin­der­ta­gen wur­de hier das Taschen­geld in Spiel­zeug umge­setzt, es gab alles rund um das Fahr­rad, Haus­halts­ar­ti­kel, Post­kar­ten, Ein­mach­gum­mis und noch vie­les mehr, was die­ser Laden in den schier unend­li­chen Lager neben Wohn­stu­be und Laden­zei­le beher­berg­te. Ich erin­ne­re mich, an einem Sams­tag­nach­mit­tag bei mei­ner Mut­ter einen Kamin­ofen instal­liert zu haben, bei dem frei­lich die Ofen­roh­re fehlten.

Damals gab es noch kei­ne Bau­märk­te in der Nähe und Sams­tags waren die Geschäf­te eben­so geschlos­sen, wie Mitt­wochs­nach­mit­tags. Die ein­zig ver­blei­ben­de Mög­lich­keit, zumal an einem Sams­tag­nach­mt­tag, war Wag­ners Änne.

Und tat­säch­lich, die alte Dame hat­te ver­ges­sen die Tür abzuschließen.

Nach einem Palim Palim an der Laden­tür und mehr­fa­chen Rufen schlurf­te Wag­ners Änne aus ihrem Wohn­be­reich in Rich­tung Laden. Ich ent­schul­dig­te mich mehr­fach und berich­te­te von mei­nem Mal­heur der ver­ges­se­nen Ofen­roh­re. Sie wies mich mit einem kur­zen Nicken an, hin­ten im Lager das was ich brauch­te zusam­men zu suchen. Mit einem kur­zen: “Schreib’ auf, was Du mit nimmst und leg mir den Zet­tel auf die The­ke,“ ließ sich die Köni­gin der Haus­halts­wa­ren nicht wei­ter von ihrem Sams­tags­nach­mit­tags­schläf­chen abhalten.

Vor ein paar Jah­ren, mit über neun­zig Jah­ren woll­ten ihre Bei­ne nicht mehr und Wag­ners Änne leg­te sich zu ewi­gen Ruhe.

Heu­te gibt es Ama­zon. Da gibt es auch alles. Anschrei­ben las­sen kann man dort nicht. 

Protestkleidung im Alter, oder – Männer haben’s auch nicht leicht

Es mag am Alter lie­gen, aber ich bin jemand, der kon­se­quen­ter Wei­se auf Beer­di­gun­gen einen schwar­zen Anzug trägt. Das scheint umso ver­wun­der­li­cher, da heut­zu­ta­ge offen­sicht­lich kaum noch jemand einen schwar­zen Anzug zu Beer­di­gun­gen trägt. Ich mei­ne, einen Anzug soll­te man[n] spä­tes­tens ab dem drei­ßigs­ten Geburts­tag im Schrank haben. Obschon ich mich dar­über wun­de­re, was Män­ner im fort­ge­schrit­te­nen Alter anschei­nend so alles im Klei­der­schrank haben.

Gut, Män­ner haben offen­bar ein ande­res Ver­ständ­nis für ihren Kör­per, den­noch — wer nicht gera­de zwei Stun­den täg­lich Sport treibt, wird fest­stel­len, dass sich die Kör­per­form im Alter nicht eben zum Posi­ti­ven ver­än­dert. Das ist so unab­ding­bar wie Haa­re an Stel­len im Alter, wo sie nicht gebraucht werden.

Pro­test­klei­dung im Alter a la zer­ris­se­ne Jeans und haut­enge Pull­over jeden­falls zeugt von einer Geschmacks­ver­ir­rung, die sich auch mit dem gefühl­ten jün­ge­ren Ich nicht kom­pen­sie­ren lässt.

Ein mit­tel­al­ter Mann mit Bauch­an­satz und Stor­chen­bei­nen in zer­ris­se­nen Skin­ny Jeans und haut­engem Pull­over sieht jedoch im bes­ten Fall unvor­teil­haft aus.

Das müsst ihr nicht tun, Män­ner. Dafür wur­den Anzü­ge erfun­den. Selbst der schwer­ge­wich­ti­ge ver­stor­be­ne Bun­des­kanz­ler Kohl sah im Anzug noch halb­wegs vor­zeig­bar aus.

Wenigs­tens die Beer­di­gung wäre eine gute Gele­gen­heit sich stil­si­cher zu kleiden. 

Mission: Impossible

Mrs. L ist ent­setzt. Das Auto, das uns fünf­zehn Jah­re lang beglei­tet hat, kommt nicht mehr durch den TÜV. Der Werk­statt­meis­ter wiegt den Kopf und mur­melt etwas von erheb­li­chen Repa­ra­tur­kos­ten. Der Fach­mann merkt sel­ber vor­sich­tig an, dass ein Auto mit einem Kilo­me­ter­stand, der einer fünf­ma­li­gen Umrun­dung der Welt ent­spricht und einem Alter von fast zwan­zig Jah­ren im Lebens­zy­klus in der Regel das Ende erreicht hätte.

Dem Ein­wand von Mrs. L, sie hät­te sich so an das Auto gewöhnt, steht dem Argu­ment wei­ter zu erwar­ten­der Repa­ra­tu­ren entgegen.

Mein iro­ni­scher Ein­wand, heut­zu­ta­ge hät­ten Autos sogar Anschnall­gur­te wird von Mrs. L mit ver­nich­ten­dem Blick quit­tiert. Damit nicht genug, wer­de ich nach stun­den­lan­ger Über­zeu­gungs­ar­beit zuguns­ten eines neu­en Autos damit beauf­tragt, eben­sol­ches zu besorgen.

So ganz ein­fach ist das nicht, denn Mrs. L nennt eine Preis­gren­ze in Höhe eines rumä­ni­schen Klein­wa­gens für einen gewünsch­ten Jah­res­wa­gen mit geho­be­ner Aus­stat­tung und nicht zu ver­han­deln­dem Vor­han­den­sein einer Rad­mul­de für das Ersatz­rad, die es seit Jah­ren bei den meis­ten Autos nicht mehr gibt.

Tat­säch­lich fin­de ich das glei­che Modell des alten Autos als Jah­res­wa­gen mit gewünsch­tem Inte­ri­eur und Rad­mul­de („Wozu brau­chen Sie die denn? Rei­fen gehen heut­zu­ta­ge nicht mehr kaputt.“), frei­lich nicht in dem Preis­ge­fü­ge den Mrs.L vor­ge­ge­ben hat­te, dafür stimmt alles andere.

Der Auto­ver­käu­fe­rin hin­ge­gen fehlt offen­sicht­lich das psy­cho­lo­gi­sche (Ver)Handlungsgeschick. Anstatt die Lang­le­big­keit des Autos von Mrs. L zu loben, schließ­lich will sie das glei­che Modell wie­der erwer­ben, ist für die Inzah­lung­nah­me des Alt­ve­hi­kels von Schrott­kar­re und nichts mehr wert die Rede.

Mrs. L ist empört und ver­lässt augen­blick­lich den Laden mit dem deut­lich zu ver­neh­men­den Hinweis:“Bei dem Strick­stock kau­fe ich gar nichts, da fehlt’s ja am wesent­lichs­ten, übri­gens auch an Figur.“ 

Geburtstag

Das jüngs­te Netz­kind hat Geburts­tag, vor fünf Jah­ren begos­sen wir die Geburt nach alter Väter Sit­te, was in dem Fall mit jeder Men­ge hoch­pro­zen­ti­gem Gebräu zu tun hat­te und mir einen Heim­gang mit der Nase nah dem Bür­ger­steig bescher­te. Wer dach­te, man kön­ne Wod­ka nicht aus Was­ser­glä­sern ähn­lich dem Schüt­zen­fest­bier kip­pen, der irrt.

Jeden­falls hat das Besäuf­nis im Ver­wand­ten­kreis und der tau­send­mal im Rausch geäu­ßer­ten Wün­sche für die Zukunft dem Kind nicht gescha­det. Im Gegen­teil. Es über­rascht mit einer Aus­drucks­wei­se, die für ihr Alter ihres­glei­chen sucht. Bei Ein­la­dung zu ihrem Geburts­tag merk­te ich mur­melnd an, dass ich einen Ter­min hät­te. Das jüngs­te Netz­kind hat aller­dings gute Ohren und straf­te mich mit einem Blick und einem Satz, der mich sofort alle wei­te­ren Ter­mi­ne für den Tag absa­gen ließ. Mit Blick von oben, soweit das mög­lich ist, ließ sie ihren Groß­on­kel wis­sen: „Dann kommst du also nicht zum mei­nem Geburts­tag? Na, du musst ja wis­sen, was du tust.“