Totaler Sieg

Die unkri­ti­sche Ein­stel­lung und teil­wei­se Befür­wor­tung der fast schon eupho­ri­schen Zustim­mung zu dem Krieg in der Ukrai­ne macht selbst vor Anlei­hen an den Natio­nal­so­zia­lis­mus nicht halt. Die fran­zö­sisch-israe­li­sche Pro­fes­so­rin für Sozio­lo­gie an der Hebräi­schen Uni­ver­si­tät Jeru­sa­lem schrieb in der Zeit einen bemer­kens­wer­ten Gast­kom­men­tar, in dem sie sich für einen tota­len Sieg der Ukrai­ne ausspricht: 

„Ich wünsche mir einen totalen und vernichtenden Sieg für die Ukraine, und zwar aus mehreren Gründen[..]"

Die Wort­wahl lässt auf­hor­chen. Datums­gleich vor 80 Jah­ren, am 18. Febru­ar 1943, hielt Joseph Goeb­bels die berüch­tig­te Sport­pa­last­re­de, in deren Ver­lauf er die Deut­schen auf den Krieg ein­stimm­te und auf deren Höhe­punkt die rhe­to­ri­sche Fra­ge: “Wollt ihr den tota­len Krieg?”, stand. 

Ist die Sprache der Nationalsozialisten bereits wieder gesellschaftsfähig?

War das Unwis­sen­heit von Frau Eva Ill­ouz? Bei einer Pro­fes­so­rin? Eine Intel­lek­tu­el­le, die so gar nichts von Goeb­bels berühm­tes­ter Rede mit­be­kom­men hat? Oder war das Zufall? Hat sich Eva Ill­ouz 80 Jah­re nach der Sport­pa­last­re­de zufäl­lig ver­gleich­bar geäu­ßert? Oder hat Frau Ill­ouz ein­fach nur Unüber­leg­tes gesagt. 

Soll­te das ein Test­bal­lon dafür sein, was alles bereits wie­der erlaubt ist? Soll die deut­sche Bevöl­ke­rung auf eine Betei­li­gung als Kriegs­par­tei ein­ge­stimmt wer­den? All das ist schwer zu glau­ben, aber den­noch vorstellbar. 

Egal ob aus Dumm­heit oder Unwis­sen­heit: Gru­se­lig ist es schon, wenn der tota­le Sieg und die Ver­nich­tung Russ­lands gefor­dert wird. Noch gru­se­li­ger ist es, wenn ein Teil natio­nal­so­zia­lis­ti­scher Spra­che offen­bar wie­der gesell­schafts­fä­hig gewor­den ist. 

Opportunismus – Der

Als Oppor­tu­nist wird bezeich­net, wer sich aus Nütz­lich­keits­er­wä­gun­gen schnell und beden­ken­los der jeweils gege­be­nen Lage anpasst. Unzwei­fel­haft dürf­te damit Par­tei „die Grü­nen“ die­sen Begriff für sich beset­zen. Die Grü­nen sind als pazi­fis­ti­sche Par­tei gestar­tet und in ihrem Grund­satz­pro­gramm for­der­ten sie in den Anfän­gen der Par­tei noch so unge­heu­er­li­che Din­ge wie die Abschaf­fung der Nato und des dama­li­gen War­schau­er Pakts. Inzwi­schen haben sich zu einer Waf­fen — und mili­tär­ver­herr­li­chen­den Orga­ni­sa­ti­on ent­wi­ckelt, dass man­cher, vor allem älte­re Mit­bür­ger oder Mit­bür­ge­rin sich irri­tiert die Augen rei­ben dürfte.
Con­ti­nue rea­ding

Die Deindustrialisierung der Bundesrepublik

„Wenn ein Kolo­ni­al­wa­ren­händ­ler in sei­nem klei­nen Laden so vie­le Dumm­hei­ten und Feh­ler mach­te wie die Staats­män­ner und Gene­rä­le in ihren gro­ßen Län­dern, wäre er in spä­tes­tens vier Wochen bank­rott.“ [Erich Kästner]



Der Wäh­ler ist lei­der ein ver­gess­li­ches Wesen und das weiß bei­spiels­wei­se der Oppo­si­ti­ons­füh­rer der CDU, Fried­rich Merz, natür­lich auch. So for­der­te Merz im Früh­ling 2022 rus­si­sche Gas­lie­fe­run­gen durch die Pipe­line Nord Stream 1 sofort zu stop­pen. Eine Ein­schrän­kung der Gas­ver­sor­gung müs­se man akzep­tie­ren, schwa­dro­nier­te der selbst­er­nann­te Wirt­schafts­exper­te laut­hals. Merz war nicht der ein­zi­ge Poli­ti­ker, der durch die­se Fehl­ein­schät­zung die Bun­des­re­pu­blik einer Rezes­si­on näher gebracht hat. 

Par­tei­freund Rött­gen „appel­lier­te“ zur glei­chen Zeit eben­falls an die Bun­des­re­gie­rung, die Gas- und Ölim­por­te aus Russ­land „jetzt“ zu stop­pen. Es sei mög­lich, die aus­blei­ben­den Gas­lie­fe­run­gen durch Gas­vor­rä­te bis zum nächs­ten Win­ter zu erset­zen. Auch die FDP, sonst Lieb­ling der Wirt­schafts­bos­se for­der­te einen sofor­ti­gen Gas­stopp aus Russ­land. Allen vor­an Marie-Agnes Strack-Zim­mer­mann, die sei­ner­zeit die Dro­hung des rus­si­schen Prä­si­den­ten zur Abschal­tung von Nord-Stream 1 gar als Ver­zweif­lungs­tat auf­grund der Aus­wir­kun­gen in sei­nem Land inter­pre­tier­te.

Die Lis­te der Fehl­an­nah­men von Poli­ti­kern könn­te noch sei­ten­wei­se wei­ter­ge­führt wer­den. Aber natür­lich kann man nicht ein­zel­nen Poli­ti­kern die Schuld für die gro­ßen wirt­schaft­li­chen Ver­wer­fun­gen geben, wohl aber muss eine gewis­se Weit­sicht denen zu eigen sein, die über Wohl und Wehe eines gan­zen Staa­tes bestim­men oder doch zumin­dest mitbestimmen. 

Poli­ti­ker brau­chen kei­ne beson­de­ren Befä­hi­gun­gen, um ihr Amt aus­zu­füh­ren. Aber wer dazu bei­trägt mit uner­träg­li­chem Geschwätz Poli­tik mit­ver­ant­wort­lich so zu gestal­ten, dass den Bür­ge­rin­nen und Bür­gern in ihren Aus­wir­kun­gen gro­ßen Scha­den zufügt wird, der soll­te zurücktreten. 

Oft­mals jedoch wer­den poli­ti­sche Rück­trit­te aus­ge­rech­net von den Poli­ti­kern gefor­dert, die sich im Nach­hin­ein in ihrer Aus­sa­ge als treff­si­cher bewie­sen. Rück­tritts­for­de­run­gen von Wirt­schafts­mi­nis­ter Habeck, weil der viel­leicht etwas unglück­lich einen zeit­wei­sen Pro­duk­ti­ons­still­stand rich­ti­ger­wei­se nicht mit einer Insol­venz gleich­setzt, zeu­gen nicht nur Cha­rak­ter­ver­feh­lun­gen son­dern erheb­li­chen Wis­sens­lü­cken in Wirt­schafts­fra­gen, die der Wäh­ler bei der nächs­ten Wahl ent­spre­chend wür­di­gen sollte. 

Tat­säch­lich war es Wirt­schafts­mi­nis­ter Habeck, der in dem Monat der sich über­bie­ten­den Rufe nach einem sofor­ti­gen Stopp der Gasim­por­te bereits im März vor schwers­ten wirt­schaft­li­chen und gesell­schaft­li­chen Fol­gen für die Bun­des­re­pu­blik warn­te.

Ach und falls es noch nicht ganz so bekannt ist, was die Befür­wor­ter von „Stoppt die Gasim­por­te sofort“ und dem dann tat­säch­li­chen Import­stopp durch Putin erreicht haben, sei ein Blick in die­se Lis­te emp­foh­len.

Wohnung kalt — Fabrikhallen leer?

„Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde.“

Hohe Ener­gie­kos­ten – ers­te Unter­neh­men stel­len Pro­duk­ti­on ein
[Janu­ar 2022] 


Wegen hoher Ener­gie­prei­se: Fir­men dros­seln Produktion
[Juli 2022] 


Hohe Ener­gie­kos­ten: 16 Pro­zent der Unter­neh­men stop­pen Pro­duk­ti­on oder schrän­ken Geschäft ein
[Juli 2022] 


Stark gestie­ge­ne Ener­gie­prei­se gefähr­den Pro­duk­ti­on in Deutschland
[Juli 2022] 


Indus­trie warnt: Hohe Ener­gie­prei­se gefähr­den Exis­tenz von Unternehmen
[Sep­tem­ber 2022] 


Arce­lor­Mit­tal stellt Pro­duk­ti­on in Ham­burg und Bre­men ein

[Sep­tem­ber 2022] 


Hak­le mel­det Insol­venz an

[Sep­tem­ber 2022] 


.... to be continued

BTW:
Klei­ne Durch­sa­ge von :
Anna­le­na Bearbock

Krieg ist immer ein politischer Akt

Na das hat ja nicht lan­ge gedau­ert. Ich war wirk­lich gespannt, wer sich wohl als ers­tes aus der Deckung wagt und den Ein­satz von Boden­trup­pen für die Unter­stüt­zung des Kriegs in der Ukrai­ne for­dert. Aus­ge­rech­net die TAZ ver­öf­fent­lich­te einen Kom­men­tar des Publi­zis­ten Udo Knapp, der neben­bei bemerkt, als 1945 Gebo­re­ner eigent­lich noch wis­sen müss­te, dass mit einer Ent­gren­zung des Krie­ges eine Befrie­dung nicht her­bei­zu­füh­ren ist. Das Gegen­teil ist der Fall. 

Dabei ist Knapp einem Trug­schluss auf­ge­ses­sen, den vie­le Anhän­ger des Bel­li­zis­mus als Legi­ti­ma­ti­on für eine mili­tä­ri­sche Ein­mi­schung in das Kriegs­ge­sche­hen nut­zen: Der Ukrai­ne-Krieg die­ne Putin nur als Zwi­schen­ziel zur voll­stän­di­gen Ver­nich­tung des Wes­tens. Die­se Erzäh­lung eig­net sich eben­falls dazu, dem Sou­ve­rän auf­kom­men­de „Kriegs­mü­dig­keit“ zu verleiden. 

In der Logik des TAZ Publi­zis­ten kann die­se Ent­wick­lung nur gestoppt wer­den, wenn west­li­che Boden­trup­pen an der Sei­te der ukrai­ni­schen Armee in das Kriegs­ge­sche­hen aktiv ein­grei­fen, de fac­to wäre das die offi­zi­el­le Kriegs­er­klä­rung gegen Russland.

Bis­her ist das nur eine Mei­nung, wobei ich ver­mu­te, dass die selbst­er­nann­ten Mili­tär­ex­per­ten der poli­ti­schen Büh­ne min­des­tens gedank­lich im stil­len Käm­mer­lein auch bereits die­se Opti­on in Erwä­gung gezo­gen haben.

Ins­be­son­de­re die Grü­nen haben dabei eine erstaun­li­che Meta­mor­pho­se hin­ter sich. Von einer Par­tei, des­sen Grund­satz­pro­gramm sich aus der pazi­fis­ti­schen Bewe­gung der acht­zi­ger Jah­re speis­te hin zur kriegs­füh­ren­den Regie­rung, das muss man erst mal schaf­fen, ohne sich als Par­tei selbst auszuradieren. 

„Kei­ne Waf­fen und Rüs­tungs­gü­ter in Kriegs­ge­bie­te. Grün wäh­len!“, skan­dier­ten die Grü­nen noch bis vor kur­zem. Aber ja, die wei­ßen Tau­ben sind müde und Pazi­fis­ten sind Spin­ner. Bei so viel Wan­del wer­den feuch­te Träu­me bei denen wahr, die die rhe­to­ri­sche Fra­ge zum tota­len Krieg mit einer Gän­se­haut auf dem Unter­arm quit­tiert wissen. 

CDU-Mann Nor­bert Rött­gen hielt im Zusam­men­hang mit dem Irak-Krieg Waf­fen­lie­fe­run­gen in aku­te Kriegs­ge­bie­te noch im Jahr 2014 für höchst pro­ble­ma­tisch. Aber was inter­es­siert einen Poli­ti­ker sein Geschwätz von ges­tern, wenn es dar­um geht Teil einer poli­ti­schen Eli­te zu sein, die in ihrer Vor­stel­lung von einem gerech­ten Krieg die Welt vom Teu­fel befreit?

Seit über 75 Jah­ren herrscht in Mit­tel­eu­ro­pa Frie­den. Das scheint zu lang zu sein, dass sich das Volk dar­an erin­nert was Krieg bedeu­tet. Viel­leicht hilft die Erin­ne­rung an ein Zitat von August Bebel:

„Nicht die Völ­ker sind es, die kriegs­lüs­tern sind…“

Krieg als Mittel der Politik

Der deut­sche Phi­lo­soph Hegel sah im Krieg etwas Rei­ni­gen­des, dass die »Staa­ten vor der Fäul­nis bewahrt, in wel­che sie eine dau­ern­de Ruhe oder gar ein ewi­ger Frie­den ver­set­zen wür­de.« Vor Beginn des 1. Welt­krie­ges sahen auch eini­ge Intel­lek­tu­el­le den Kriegs­ein­tritt posi­tiv.

»Anton Wild­gans, Georg Heym, Tho­mas Mann, Georg Tra­kl, Ernst Jün­ger, Max Sche­ler, Her­mann Bahr, Georg Sim­mel, Hugo von Hof­manns­thal, Rai­ner Maria Ril­ke, Robert Musil, Oskar Kokosch­ka usw. – begrüß­ten den Krieg. Sie sahen in ihm nicht das Ende oder den Unter­gang, son­dern die Ver­än­de­rung, den Auf­bruch in eine neue, bes­se­re Welt, frei von Deka­denz, Uti­li­ta­ris­mus und Entfremdung.« 

Selbst Ärz­te und Wis­sen­schaft­ler waren dem Krieg zuge­tan, als »Aus­le­se der schwa­chen Gesell­schafts­seg­men­te und als Prüf­stein, an dem alles aus­ge­schie­den wür­de, was krank und faul ist.« 

Ich kann mich des Ein­drucks nicht erweh­ren, dass auch heu­te vie­le Medi­en­ver­tre­ter, Poli­ti­ker und Bür­ger dem nicht abge­neigt sind. Anders lässt sich die neue ent­deck­te Kriegs­lust von Tei­len der Grü­nen, FDP und CDU kaum erklä­ren. Die Sofa­krie­ger im Bun­des­tag schei­nen das Hel­den­tum wie­der ent­deckt zu haben. Deutsch­lands Außen­mi­nis­te­rin spricht vom Sieg der Ukrai­ne und eine vor­sich­ti­ge Staats­füh­rung des Bun­des­kanz­lers ob der Beden­ken eines 3. Welt­kriegs wird als zögernd und Weich­ei­po­li­tik abge­tan, der­weil der ukrai­ni­sche Zuflüs­te­rer Mel­nyk die Regie­rung belei­di­gen darf und sich des Jubelns vie­ler kriegs­be­sof­fe­ner Mit­strei­ter sicher sein kann. Ver­ges­sen wird lei­der, dass es am Ende nie einen »kon­trol­lier­ten« Krieg geben kann. Wes­halb soll­te die größ­te Atom­macht der Welt einer völ­lig nai­ven Logik der EU-Prä­si­den­tin Ursu­la von der Ley­en fol­gend, einer bedin­gungs­lo­sen Kapi­tu­la­ti­on zustimmen?

Mehr noch, mit den ein­deu­ti­gen Wor­ten aus Brüs­sel, dem »ent­gül­ti­gem Sieg« der Ukrai­ner und dem Hin­weis der EU-Prä­si­den­tin, man wer­de »Pro­zes­se gegen alle Kriegs­knech­te des Kremls« füh­ren, ist der Weg für Ver­hand­lun­gen nicht nur ver­baut; die Aus­sa­ge zeigt, das der Weg des Krie­ges und der Gewalt der ein­zi­ge für Brüs­sel ist und das offen­sicht­lich mit allen Kon­se­quen­zen für Deutsch­land. Wenn man das Worst-Case Sze­na­rio ein­mal durch­spielt, kommt man ganz schnell zu der Über­le­gung, dass es bei wei­te­rer Eska­la­ti­on Deutsch­land und Euro­pa die gro­ßen Ver­lie­rer sein dürften. 

Trotz aller Beteue­rung von Poli­ti­kern und Kon­flikt­for­schern, dass ein Atom­schlag der Rus­sen unwahr­schein­lich ist, könn­te die Nai­vi­tät der Aus­sa­ge bei Über­schrei­tung einer roten Linie genau dazu füh­ren. Das Sze­na­rio jeden­falls hat Russ­land bereits visua­li­siert dar­ge­stellt und zwar nicht mit tak­ti­schen Kern­waf­fen gegen die Ukrai­ne, son­dern mit stra­te­gi­schen Atom­waf­fen gegen Europa. 

Ist es klug, ein Land das über ca. 6000 Atom­spreng­köp­fe ver­fügt und somit die größ­te Atom­macht der Welt ist, mit einer For­de­rung zur bedin­gungs­lo­sen Kapi­tu­la­ti­on so sehr an die Wand zu drän­gen, das bei einem Macht­men­schen wie Putin reflex­ar­tig die Mög­lich­keit zu einem ato­ma­ren Erst­schlag gegen die ver­meint­li­chen Aggres­so­ren nicht aus­zu­schlie­ßen ist? Der Mann ist sieb­zig Jah­re alt und hat nichts zu verlieren. 

Gera­de die bei­den Welt­krie­ge soll­ten uns ein mah­nen­des Bei­spiel dafür sein, was pas­siert, wenn sich die Eska­la­ti­ons­spi­ra­le aus Miss­ver­ständ­nis­sen, fal­schen Infor­ma­tio­nen und Pro­pa­gan­da auf­schau­kelt und irgend­wann nicht mehr zu stop­pen ist. Mit der Lie­fe­rung schwe­rer Waf­fen an die Ukrai­ne sind wir, sogar laut Mel­nyk, Diplo­mat und Freund rechts­extre­mer Grup­pie­run­gen, für Russ­land sogar bereits Kriegspartei.

Bei allem Ver­ständ­nis hel­fen zu wol­len, soll­ten wir uns an die Wor­te Hel­mut Schmidts erin­nern, der eine Ein­mi­schung in die inner­po­li­ti­sche Kon­flik­te eines Lan­des stets ablehn­te.

»Gewalt lässt sich nicht mit Gewalt aus­rot­ten«, davon war der ehe­ma­li­ge Bun­des­kanz­ler überzeugt.
———-
Quel­len­nach­wei­se:

Wiki­pe­dia — der ers­te Weltkrieg

Wiki­pe­dia — Die zuspit­zung des Kon­flikts, die Juli-Krise

»Krieg! Es war Rei­ni­gung, Befrei­ung, was wir emp­fan­den, und eine unge­heu­re Hoffnung.«

nachdenkseiten.de — Deutsch­land, wo sind Dei­ne Dich­ter und Denker?

Oskar Lafon­taine — Ame­ri­ka treibt Euro­pa in einen Atomkrieg.

jungewelt.de — Bis zum letz­ten Tropfen.

berliner-zeitung.de — Mel­nyk: »Für Putin ist Deutsch­land längst Kriegspartei«

Frank­fur­ter Rund­schau — Ukrai­ni­scher Bot­schaf­ter Andrij Mel­nyk unter­stützt ultra­rech­tes Asow-Regiment

zeit.de [Arti­kel aus dem Jah­re 2009] — Schmidt gegen Ein­mi­schung in ande­ren Staaten

Ukraine — Krieg ohne Ende?

So wie jeder ein­zel­ne Mensch das Recht auf Selbst­ver­tei­di­gung hat, so ist die­ses Recht in Arti­kel 51 der UN-Char­ta eben­falls für Staa­ten gere­gelt. Es stellt die Aus­nah­me vom Gewalt­ver­bot dar und regelt das natur­ge­ge­be­ne Recht im Fall eines bewaff­ne­ten Angriffs auf gewalt­sa­me Wehrhaftigkeit. 

Selbst­ver­ständ­lich sind ande­re Staa­ten min­des­tens auch mora­lisch ver­pflich­tet, bedräng­te Staa­ten huma­ni­tär zu hel­fen. Aber was ist, wenn im Kri­sen­ge­biet eine Par­tei ande­re, nicht betei­lig­te Staa­ten zu Waf­fen­lie­fe­run­gen gera­de­zu selbst­ver­ständ­lich erwartet? 

Wenn sorg­fäl­ti­ge Prü­fun­gen der Geber­län­der ob der mög­li­chen Trag­wei­te von Lie­fe­run­gen der erwünsch­ten Kriegs­waf­fen mit Belei­di­gun­gen beant­wor­tet wer­den? Wenn das Land das Staats­ober­haupt eines ande­ren Lan­des, von dem Hil­fe erwar­tet wird, brüsk zurück­weist, wenn die­ser sich per­sön­lich ein Bild von der Lage machen will? 

Kann man mit Waf­fen­lie­fe­run­gen in ein Kri­sen­ge­biet einen Krieg stop­pen? Wel­chen Anspruch wer­den zukünf­ti­ge Kriegs­par­tei­en an die Bun­des­re­pu­blik hin­sicht­lich Waf­fen­lie­fe­run­gen stel­len? Kön­nen wir das dann verneinen? 

Wie­so stel­len sich Groß­tei­le der Poli­tik und der Gesell­schaft nicht mehr die Fra­ge nach Ver­hand­lun­gen, oder auch nur nach der Fra­ge einer mög­li­chen wei­te­ren Eska­la­ti­on des Krie­ges bei Lie­fe­rung von schwe­ren Waffen? 

Wer­den wir end­gül­tig zur Kriegs­par­tei, wenn wir in das Kriegs­ge­sche­hen mit schwe­ren Angriffs­waf­fen ein­grei­fen? Was ist, wenn die Ukrai­ne als nächs­ten Schritt und bei ver­mut­lich wei­te­rer Eska­la­ti­on per­so­nel­le Unter­stüt­zung, sprich die Unter­stüt­zung der Bun­des­wehr fordert? 

Wer pro­fi­tiert eigent­lich vom Krieg? Wie ist das völ­ker­recht­lich zu sehen, wenn die Ukrai­ne Söld­ner aus aller Welt auf­for­dert für ihr Land in den Krieg zu ziehen? 

Kei­ne Fra­ge, der Ein­marsch der Rus­sen in die Ukrai­ne ist eine Kriegs­er­klä­rung und auf das Schärfs­te zu ver­ur­tei­len. Selbst­ver­ständ­lich soll­te jedes Land huma­ni­tä­re Hil­fe in Form von Flücht­lings­auf­nah­me gewähr­leis­ten. Aber dür­fen wir uns immer wei­ter in einen Krieg ein­mi­schen, der bereits seit acht Jah­ren, zumin­dest im Osten der Ukrai­ne, aus­ge­tra­gen wird? 

Imma­nu­el Kant hat in einer Schrift Ende des 18. Jahr­hun­derts einen phi­lo­so­phi­schen Ent­wurf vor­ge­legt, des­sen Theo­rien die Char­ta der Ver­ei­nig­ten Natio­nen maß­geb­lich beein­flusst hat.

In der Schrift mit dem sin­ni­gen Namen »Zum ewi­gen Frie­den« ist vom Prin­zip der Nicht­ein­mi­schung die Rede, wonach es für eine Inter­ven­ti­on kei­ne Rechts­grund­la­ge geben kann.

Ein Krieg dient nach Kant zur Ent­schei­dung von Ansprü­chen, die bei­de Par­tei­en behaupten.

Bei einem Ver­stoß gegen die Kriegs­ord­nung, so Kant wei­ter, »kann nun kei­ne über­ge­ord­ne­te Instanz im Sin­ne eines Bestra­fungs­krie­ges ein­grei­fen, so dass die Kriegs­par­tei­en, die sich einen sol­chen Ver­stoß vor­wer­fen, in einen Ver­nich­tungs­krieg gera­ten, der nicht anders als durch die Ver­nich­tung einer Par­tei ent­schie­den wer­den kann.« 

Es gibt kei­nen gerech­ten Krieg – aber es gibt das Recht eines jeden Staa­tes zur Lan­des­ver­tei­di­gung. Wenn wir aber mit Waf­fen­lie­fe­run­gen, ins­be­son­de­re von Angriffs­waf­fen, Ter­ri­to­ri­al­ver­tei­di­gung umkeh­ren in einen Ver­nich­tungs­krieg, dann wäre das unverzeihlich. 

Die Deutschen — ein merkwürdiges Volk?

»Ihr Deut­schen seid manch­mal ein komi­sches Volk« , bemerkt die ame­ri­ka­ni­sche Freun­din bei einem Besuch bei uns. 

Ich bin etwas irri­tiert und fra­ge nach. »Na ja, ihr wollt alles immer gere­gelt haben, auch wenn es zu Las­ten eurer eige­nen Frei­heit geht, so etwas wäre bei uns undenk­bar« , meint die US-Amerikanerin. 

Je mehr ich dar­über nach­den­ke, des­to mehr muss ich zustim­men. Die Deut­schen lie­ben Regeln mög­lichst für alle und alles. Jüngs­tes Bei­spiel zeigt eine Umfra­ge, wonach 71 Pro­zent der Deut­schen eine ver­pflich­ten­de Helm­pflicht auf dem Fahr­rad begrü­ßen. Die indi­vi­du­el­le Ent­schei­dung, einen Helm beim Fahr­rad­fah­ren zu tra­gen, reicht den Deut­schen offen­bar nicht aus. Sie wol­len nicht nur ihre eige­ne Frei­heit beschränkt wis­sen, son­dern die des Nach­barn gleich mit, obwohl der nicht behelm­te Rad­fah­rer den Mit­bür­ger mit Helm auf sei­nem Fahr­rad ja nicht gefähr­det, son­dern nur sich selbst. 

Es geht also nicht so sehr dar­um, Regeln zu for­dern, die die Ein­schrän­kung der Frei­heit viel­leicht noch recht­fer­ti­gen wür­de, weil sie dem All­ge­mein­wohl dient, son­dern es geht ganz kon­kret dar­um, Din­ge zu regeln, die der Ein­zel­ne für sich ent­schei­den könn­te, die Ent­schei­dung aber für alle ande­ren eben­falls gül­tig sein soll, ohne das es eine Legi­ti­ma­ti­on gibt, weil bei­spiels­wei­se bei Nicht­be­fol­gung eine Gefahr für die All­ge­mein­heit besteht. Oder anders – lie­ber schrän­ke ich mei­ne Frei­heit ein, als ande­ren die Wahl der Ent­schei­dung zu lassen. 

Noch ein Bei­spiel: In einer ande­ren Umfra­ge zum The­ma Video­über­wa­chung in der Öffent­lich­keit füh­len sich nur 15 Pro­zent sehr viel siche­rer, wenn sie an öffent­li­chen Plät­zen eine Video­ka­me­ra zur Über­wa­chung sehen. 92 Pro­zent der Deut­schen akzep­tiert den­noch Video­über­wa­chungs­sys­te­me im öffent­li­chen Raum. 

Dass nun eini­ge Ver­hal­tens­wei­sen gleich­zu­set­zen wären mit einer Cha­rak­te­ris­tik einer gan­zen Kul­tur, glau­be ich aller­dings nicht so ganz. 

Die Ableh­nung vie­ler Ame­ri­ka­ner für die Ein­füh­rung einer staat­lich orga­ni­sier­ten Kran­ken­ver­si­che­rung mit der Begrün­dung, damit wür­de der Kom­mu­nis­mus sozu­sa­gen durch die Hin­ter­tür ein­ge­führt, fin­de ich näm­lich auch etwas befremdlich. 

Verschwörungstheoretiker – Wir sind selbst schuld

Ich habe neu­lich ver­sucht seriö­se Infor­ma­tio­nen dar­über zu fin­den, dass mRNA Impf­stof­fe das Grund­im­mun­sys­tem des Men­schen angeb­lich umpro­gram­mie­ren. Dabei bin ich — was Wun­der — in der Regel auf frei zugäng­li­che Sei­ten von obsku­ren Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­kern gelan­det. Alle ande­ren Infor­ma­tio­nen, die mir hät­ten wei­ter­hel­fen kön­nen, waren hin­ter einer pay­wall ver­steckt, die ein monat­li­ches Abo voraussetzen.

Bou­le­vard, Ver­schwö­rungs­ge­schich­ten, Fake-News, all das ist im Netz frei ver­füg­bar. Gut Recher­chier­tes dage­gen will bezahlt wer­den. Das ist in Ord­nung, ich bin bereit für Qua­li­täts­ar­ti­kel zu bezah­len. Ich bin aller­dings nicht bereit, für einen Inter­es­san­ten Arti­kel gleich ein gan­zes Abo abzu­schlie­ßen. In den Anfän­gen der pay­walls konn­te man ein­zel­ne Arti­kel online erwerben. 

Tages­zei­tun­gen und Maga­zi­ne sind die letz­te Bas­ti­on gegen Falsch­mel­dun­gen, sie erle­ben aller­dings einen erheb­li­chen Rück­gang. Was bleibt ist das Netz mit Infor­ma­tio­nen für Pri­vi­le­gier­te auf der einen und Face­book und Kon­sor­ten für die­je­ni­gen, die sich Abos weder online noch off­line leis­ten kön­nen oder wol­len, auf der ande­ren Seite. 

Das Netz bewegt sich somit bes­ten­falls in eine Bou­le­var­di­sie­rung für die Mas­sen, schlimms­ten­falls kön­nen stän­di­ge Falsch­mel­dun­gen ernst­haf­te Kri­sen auslösen. 

Por­ta­le von Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­kern ver­zeich­nen enor­me Zugriffs­zah­len. Seriö­sen Quel­len wird oft­mals nicht geglaubt, weil Fake-News-Por­ta­le die Metho­den der Mani­pu­la­ti­on beherr­schen und beim Ver­brei­ten mani­pu­la­ti­ver oder fal­scher Nach­rich­ten kei­ne Rüge durch den Pres­se­rat fürch­ten müs­sen. Als pri­va­te Sei­te kön­nen vie­le selbst­er­nann­te »Pres­se­por­ta­le« Richt­li­ni­en jour­na­lis­ti­scher Sorg­falt igno­rie­ren und tun dies auch. 

Der zwei­te Punkt, den sich die Fake-News Maschi­ne­rie zunut­ze macht, ist das in der Psy­cho­lo­gie unter dem Namen »illu­so­ry truth effect« bekann­te Phä­no­men, dass Aus­sa­gen, die zuvor bereits gehört oder gele­sen wur­den, ein grö­ße­rer Wahr­heits­ge­halt zuge­spro­chen wird als sol­chen, die erst­mals gehört werden. 

Je mehr also die seriö­se Pres­se auf Bar­rie­ren set­zen, die ein monat­li­ches Abo für ihre Infor­ma­tio­nen erfor­dern, des­to mehr dürf­te es einen Groß­teil der User auf Web­sei­ten mit oft gehör­ten oder gele­se­nen Unsinn ver­schla­gen und somit immer wie­der für Nach­schub an Ver­schwö­rungs­theo­rien sorgen. 

Söder als Bundeskanzler?

Bay­erns Minis­ter­prä­si­dent Mar­kus Söder ist wohl das Sinn­bild für einen macht­hung­ri­gen Oppor­tu­nis­ten schlecht­hin. Er hat ohne Pro­ble­me den Schwenk von der Anbie­de­rung an die AFD zum Bie­nen­ret­ter und Bäu­me­um­ar­mer über­stan­den. Söder ist ein genia­ler und skru­pel­lo­ser Tak­ti­ker wenn es um die eige­ne Sache geht, das hat er bereits im Jah­re 2018 bewie­sen, als er den dama­li­gen Minis­ter­prä­si­den­ten Horst See­ho­fer vom Stuhl fegte. 

Das was Söder ver­kör­pert geht weit über Schlitz­oh­rig­keit hin­aus. Vie­le Bür­ger ficht das wenig an: Der über­wie­gen­de Teil der Deut­schen sieht in CSU-Chef Mar­kus Söder den geeig­ne­te­ren Kanz­ler­kan­di­da­ten der Uni­on. Das geht aus einer aktu­el­len Umfra­ge her­vor, schreibt der Tages­spie­gel.

Was nun den Teil der Deut­schen anbe­langt, die Söder als den geeig­ne­te­ren Bun­des­kanz­ler anse­hen oder zumin­dest erst ein­mal als bes­se­ren Kan­di­da­ten anse­hen, kann man nur mit dem Kopf schüt­teln und den Grün­der­vä­tern unse­res Staats­sys­tems für das Kon­strukt der reprä­sen­ta­ti­ven Demo­kra­tie dan­ken. Die Umfra­ge weist dar­auf hin, dass eini­ge Bürger*innen offen­sicht­lich nicht in der Lage sind abzu­schät­zen, wel­chen Scha­den ein popu­lis­ti­scher Oppor­tu­nist als Bun­des­kanz­ler anrich­ten könnte. 

Ein wenig Oppor­tu­nis­mus ist einem Wahl­amt durch­aus zuträg­lich, ein Bun­des­kanz­ler oder eine Bun­des­kanz­le­rin muss aller­dings die Cha­rak­ter­stär­ke mit­brin­gen, eige­ne Wün­sche und Zie­le dem Wohl der Bun­des­re­pu­blik unter­zu­ord­nen. Zudem darf es bei den Reprä­sen­tan­ten des Staa­tes kei­nen Zwei­fel am Fest­hal­ten der strik­ten Tren­nung zwi­schen Kir­che und Staat geben. Ein welt­li­cher Staat ist unab­ding­bar für eine fun­dier­te auf wis­sen­schaft­li­chen Erkennt­nis­sen beru­hen­de und damit pro­spe­rie­ren­de Gesell­schaft, frei von Bauch­ge­fühl und Aber­glau­ben. Man den­ke mit Schre­cken an die Quo­ten­frau und Bun­des­bil­dungs­mi­nis­te­rin Anja Kar­lic­zek, die die Wis­sen­schaft sei­ner­zeit der Bibel unter­ord­nen wollte. 

Söder begab sich vor drei Jah­ren auf einen Kreuz­zug zur Ret­tung der Kru­zi­fi­xe an den Wän­den baye­ri­scher Behör­den und das zeugt auch nicht gera­de von einem aus­ge­präg­ten Ver­ständ­nis eines säku­la­ren Staats. 

Einen popu­lis­ti­schen baye­ri­schen Minis­ter­prä­si­den­ten und eine fröm­meln­de Bun­des­bil­dungs­mi­nis­te­rin kann die Bun­des­re­pu­blik viel­leicht ver­kraf­ten, als Bun­des­kanz­ler, der die poli­ti­sche Rich­tung des Staa­tes vor­gibt, sind Poli­ti­ker mit sol­chen Cha­rak­ter­ei­gen­schaf­ten nicht geeignet.