Schlimm, im Sauerland schrecken brutale Kriminelle vor nichts zurück.
Ausriss: WP
Schlimm, im Sauerland schrecken brutale Kriminelle vor nichts zurück.
Ausriss: WP
Eigentlich mag ich das Sauerländer Idiom gar nicht , aber selbst wenn man sich bemüht, man kommt aus seiner Sprache nicht raus. So ist das Sauerländisch zum einen von einer drastischen Vereinfachung gekennzeichnet; der Genitiv existiert praktisch nicht und die im Kausalzusammenhang einleitenden Wörter weil und dem, sind dem Sauerländer ebenfalls fremd. Das satzbekräftigende Wort „woll“ habe ich mir ja mühsam abgewöhnt, aber dennoch lässt sich die Herkunft, wenn auch nur vom Rande des Sauerlands, nicht verleugnen. Um das, was der Sauerländer Sprache nennt, etwas aufzuwerten, hat das woll-magazin ein Plakat mit typisch Sauerländer Begriffen erstellen lassen. Soll wohl wat sein, woll?
Hiermit bewiesen: Der Sauerländer verfügt nicht nur über eine besondere Sensibilität Gefahren richtig einzuschätzen, sondern auch über eine gehörige Portion Humor.
Aus einem Reiseführer von 1974:
“Das Sauerland gehört zu Westfalen und in Westfalen ißt man deftig. So stehen denn auch die berühmten Westfälischen Schinkenplatten (zu denen man einen klaren Wachholderschnaps trinkt) auf den Speisekarten der meisten Gaststätten. Dicke Bohnen mit Speck, hierzulande ein Nationalgericht, bekommt man fast zu jeder Jahreszeit. Pfefferpothast gibt es oft in kleinen Schüsseln – sozusagen als „Zwischenmahlzeit“. Als Variante zu den überall angebotenen Schnitzeln ißt man hier gern „Krüstchen“, das sind stark panierte Schnitzel mit Soße und kleinen Beilagen.”
Der Autor hat gut recherchiert.
Humor und Religion gehören zusammen. Das bewies Jürgen Becker gestern in der Theateraula Belecke mit seinem Programm: “Ja, was glauben sie denn?”
Das Lachen ist eine Fehlinformation ans Gehirn, Torte auf dem Tisch ist nicht komisch, Torte im Gesicht schon. Becker spannte geschichtsträchtig in seinem zweistündigen Soloprogramm den Bogen vom Anfang der Religionen über den fränkischen König Chlodwig, der nach dem Sieg bei Zülpich zum katholischen Glauben konvertierte, über die Geschichte des Islam und den Beginn des Monotheismus, und stellte fest: “Am Ende des Jahrhunderts singt der Papst vom Minarett.”
Auch dem Widerspruch der Religion in sich nahm sich Becker an:
„Der Papst fährt einen Geländewagen mit einem Terrarium oben drauf. Der spricht von Gottvertrauen, hat aber Panzerglas.“
Der Kaberettist philosophierte über die Lehre des alleinigen Gottes als Auslöser für Streitereien und klärte auf:“ Monotheismus ist wie tausend Folgen Lindestraße nur mit Mutter Beimar. Das macht aggressiv.“
Das muss nicht sein, warum um einen Gott streiten, wenn es viel schöner ist, mehrere Götter zu haben?
Ein bunter, vergnüglicher Abend, in dessen Verlauf Becker erstens bewies, dass Religion ohne Humor gefährlich ist und zweitens überraschender Weise feststellte, dass der Sauerländer gar nicht so stur ist, wie es der Rheinländer annimmt.
Im Sauerland essen wir eigentlich nichts, was wir nicht kennen. Und das Ding, das aussieht wie ein futuristischer Weihnachtsbaum, hätte ich persönlich auch nie in den Einkaufswagen gelegt. Meine bessere Hälfte brachte mir das Teil vom Gemüsestand mit. Damit war zumindest schon mal klar, dass es sich bei der mir beschränkt bekannten Artenvielfalt der Botanik um etwas Essbares handeln musste. Einerseits beruhigend, andererseits aber auch nicht besonders hiflreich. Letztendlich gab das Internet mal wieder Aufschluss darüber, dass es sich um eine Zuchtform des Blumenkohls handelt, Romanesco genannt und bereits seit dem 16. Jahrhundert in Deutschland bekannt. Wo wären wir im Sauerland nur ohne Internet?
Manschmal zieht’s noch im Steiß und ich frage mich, ob die Sitzposition a la Easy Rider, für die ich vor zwanzig Jahren mein Motorrad umgebaut habe, noch was für den reifen Biker ist. Sei’s drum für 170 km quer durchs Sauerland kann’s hernach ruhig ein bisschen zwicken.