Auch wenn im Sauerland heute morgen noch Autoscheiben enteist werden mussten; die hungrigen Ameisen, die sich hier über einen Klecks Rübenkraut hermachen, signalisieren den nahenden Frühling.

Auch wenn im Sauerland heute morgen noch Autoscheiben enteist werden mussten; die hungrigen Ameisen, die sich hier über einen Klecks Rübenkraut hermachen, signalisieren den nahenden Frühling.
Vor ein paar Jahren ging ein Spiel im Sauerland um, dass den sinnigen Namen „Take Off“ trug und dessen Anfänge so mysteriös aufgebaut waren, dass meine Neugier geweckt wurde. Eines schönen Sonntags besuchte mich ein Bekannter, um mir ein Anbot zu machen mit dem ich schwer reich werden würde, er wäre bereits auf dem besten Weg viel Geld zu verdienen. Bisher allerdings schien die große Kohle ausgeblieben zu sein, erkannte ich doch vor der Tür seine alte Karre wieder, die schon damals nicht dazu taugte Strecken weiter als 80 km zurückzulegen.
Fragen meinerseits zu dieser Art des Geldverdienens bleiben unbeantwortet, das ganze war so undurchsichtig, dass ich befürchten musste, mein Bekannter würde mit Nuklearsprenköpfen handeln. Ich beeilte mich ihm also mitzuteilen, dass ich jedweden schwunghaften Handel mit was auch immer grundsätzlich ablehnen würde – erstens weil ich als Krimineller nicht viel tauge und zweitens wollte ich meine sonntagsnachmittägliche Ruhepause auf keinen Fall gestört wissen. Mein Bekannter beeilte sich zu sagen, dass sein Angebot nichts mit krimineller Energie zu tun hätte; ich solle nur zu einer Versammlung mit ihm gehen, dessen Ort er nicht preisgeben könne, außerdem sollte ich zwanzig Mark mitbringen, das Ganze wollte ja auch finanziert werden. Nachdem meine letzte Argumentation der Hinweis auf die Haustür war, bot er mir die Übernahme der Eintrittskosten an – nebst Erstattung der Kosten für Essen und Trinken. Das klang schon besser. Die anschließende Versammlung, die wir besuchten entpuppte sich als Ansammlung hysterischer Menschen, die immer wieder einen Zuschauer aus dem Saal auf die Bühne holten um ihm oder ihr unter frenetischem Beifall einen Geldschein in die Hand drückten und immer wieder jubelnd die Vorzüge wundersamer Geldvermehrung priesen.
Dieses „Scheeballsystem“ wird alle Jahre wieder unter einem neuen Namen versucht und führt im ungünstigsten Fall in den Knast oder im günstigeren Fall zu Ärger mit dem Finanzamt.
Heute haben wir das Netz und man braucht nicht mehr unwillige Bekannte dazu zu überreden, Geld in eine Sache zu investieren, die sich im Nachhinein als einseitige Geldverteilung erweist – und die Mehrheit der Teilnehmer leer ausgehen lässt. Second live scheint so ein Spiel zu sein.
“Second Life ist eine Web-3D-Simulation einer vom Benutzer bestimmten virtuellen Welt von allgemeinem Nutzen, in der Menschen interagieren, spielen, Handel betreiben und anderweitig kommunizieren können. Das seit 2003 online verfügbare System hat inzwischen über vier Millionen registrierte Nutzer, von denen rund um die Uhr durchschnittlich zwischen 15.000 und 30.000 das System aktiv nutzen.”
“Es gibt kostenfreie und kostenpflichtige Second-Life-Accounts. Der Unterschied zwischen den Accounts besteht vor allem darin, dass ein Spieler mit einem kostenfreien Account kein virtuelles Land kaufen kann, das zur dauerhaften Erstellung von umfangreichen Objekten wie Häusern und Landschaften benötigt wird. Durch die Einbindung einer virtuellen Währung (L$, Linden Dollars), die in eine reale Währung (US-$) transferiert werden kann, ist Second Life auch in den realen Wirtschaftskreislauf eingebunden. und das gegenwärtig die bedeutendste Handelsware des Systems ist.”
Quelle: wikipedia.org
Bei einem rein virtuellen Handel steht dem realen Geldwert allerdings kein reales Produkt gegenüber, so dass spätestens beim Abschalten des Servers der Markt nicht mehr existent ist — und das Geld aufgrund fehlender Haftung, bzw. fehlender Rechtsgrundlagen futsch sein dürfte.
Mit dem heutigen Tage beginnt in katholisch geprägten Gegenden die Fastenzeit, also praktisch eine Zeit mit der Besinnung auf’s Wesentliche. Der Bayer, ganz Praktiker ruft deshalb ab morgen die Starkbierzeit aus um dem biermalträtierten Körper nicht allzu schnell eine Rückgewöhnung zuzuführen. Aber auch wir hier im Sauerland sind dafür bekannt, pragmatische Menschen zu sein und so war die Antwort gestern in einer Runde als Resonanz auf die Fastenzeit: „Macht nix, das bisschen was ich esse, kann ich auch trinken.“
Der Sauerländer ist ein komischer Kauz: wortkarg, dickköpfig, trinkfest, traditionsbewusst und nachtragend. Er reagiere, so sagte mir neulich ein zugezogener Hamburger, immer so wie man es überhaupt nicht erwarte. Das alles entspricht der Wahrheit und wenn man sich die Herkunft des Namens verinnerlicht, könnte man geneigt sein, die Namensgebung im Kontext mit dem Charakter des Sauerländers zu sehen. Der Name Sauerland stammt nicht vom Wort sauer ab, sondern vom Wort sur aus dem mittelalterlichen Niederdeutsch, was soviel wie schwierig bedeutet.
Allerdings ist nicht der Charakter des Sauerländers gemeint, sondern, dass es früher aufgrund der Berge und Täler schwierig war, durch das Sauerland zu reisen.
Ich hatte neulich bei einem Seminar die Gelegenheit als Sauerländer für Heiterkeit zu sorgen. Der Referent gab sich große Mühe, die Problematik der Durchlässigkeit von firmenspezifischen Informationstrukturen eines großen Konzerns zu erklären. Der Konzern arbeitet weltweit und hat in Deutschland bundesweit seine Geschäftsfelder. Seine Aufgabe sei es, so der Vortragende, die Informationen so aufzubereiten, dass sie von jedem Mitarbeiter richtig verstanden würde. Schwierig wäre das in sofern, als das die Kollegen in Schleswig-Holstein ein anderes Verständnis hätten, als die Kollegen im Sauerland, wo der Konzern einen Standort hat. Am Ende des Referats habe ich mich gemeldet und gesagt, er müsse das noch mal erklären, ich hätte nichts verstanden, da ich aus dem Sauerland käme. Großes Gelächter. Den Heiterkeitsausbruch der Seminarteilnehmer konnte ich nicht nachvollziehen, ich hatte wirklich nichts verstanden.
Natürlich kann auch ein gewisser Einfluss der zahlreichen Brauereien auf das Trinkverhalten des Sauerländers nicht widersprochen werden. Bei Schützenfesten beispielsweise ist es Tradition, in schneller Abfolge, von morgens bis nachts, ohne Rücksicht auf die Promillewerte, so viel Bier zu trinken wie rein biologisch in den Körper geht. Das das naturgemäß zu einigen merkwürdigen Szenen führt, versteht sich von selber. In seiner ureigensten Logik fuhr ein Bauer mit seinem Trecker direkt vor die Schützenhalle, um das Schützenfest zu feiern. Er wäre nach dem Schützenfest so voll, gab der Bauer als Erklärung ab, dass er nicht mehr laufen könne und mit dem Trecker könne er übers Feld nach Hause fahren. Nach besagtem Fest stürzte ebendieser Bauer aus der Halle und versuchte, beobachtet von der Dorfpolizei, auf seinen Trecker zu steigen. Nach dem er dreißigmal auf der gegenüberliegenden Seite vom Trecker gefallen war, erbarmte sich die Polizei und brachte den angeschlagenen Landwirt im Streifenwagen nach Hause.
Die nachgesagte Wortkargheit des Sauerländers muss man meiner Meinung nach doch ein wenig relativieren. Es muss ja nicht immer alles was bereits gesagt wurde noch einmal im großen Zusammenhang erläutert werden. Wir Sauerländer haben ein gutes Gedächtnis und wissen meist, worum es geht. Stimmt doch, oder? — Jau käh.(pelo.)