Michel Houellebecq — Unterwerfung

Das nun aus­ge­rech­net der Erschei­nungs­tag des Romans mit der Ermor­dung der Jour­na­lis­ten in Paris auf einen Tag fiel, dafür konn­te nie­mand etwas, auch wenn es sicher eini­ge gibt, die in Hou­el­le­becq und sei­nem neu­en Buch zumin­dest ansatz­wei­se eine Art Pro­phe­zei­ung zusam­men fantasieren.

Wel­che Beweg­grün­de nun Michel Hou­el­le­becq für sein neu­es Buch „Unter­wer­fung“ hat­te, ist eigent­lich völ­lig egal, denn es ist so, wie ein gutes Buch sein soll: Nach drei Sei­ten ist der Leser mit­ten­drin in der Geschich­te, mit­ten­drin in Paris im Jah­re 2022, mit­ten­drin im Umbruch und mit­ten­drin in einem Regie­rungs – und Prä­si­den­ten­wech­sel, mit­ten­drin in einer Epo­che, in der die Tren­nung zwi­schen Kir­che und Staat auf­ge­ho­ben ist, mit dem Erge­nis eines isla­misch gepräg­ten Staats, mit­ten in Europa.

Was die Geschich­te auch span­nend macht, ist die Tat­sa­che, dass kei­ne gewalt­sa­me Über­nah­me durch den Islam statt­ge­fun­den hat (oder statt­fin­den wird, ganz wie man will, das Buch spielt ja in der nahen Zukunft), son­dern der demo­kra­ti­sche Pro­zess die revo­lu­tio­nä­re Umge­stal­tung Frank­reichs durch den Islam ermöglicht.

Das Buch ist auch kein islam­feind­li­ches Buch, denn Hou­el­le­becq lässt den Islam erst ein­mal die feh­len­de Ord­nung in Paris wie­der herstellen.

Die Kri­mi­na­li­tät geht zurück, die Arbeits­lo­sig­keit geht zurück, die Sau­dis pum­pen Mil­lio­nen in den Auf­bau isla­mi­scher Schu­len, Poly­ga­mie ist erlaubt. Der Prot­ago­nist, ein Hoch­schul­pro­fes­sor für Lite­ra­tur in Paris, kann dies alles haben und genie­ßen, aber nur als Kon­ver­tit; sozu­sa­gen eine Unter­wer­fungs­ges­te eines Man­nes, der ansons­ten auf­grund sei­ner wis­sen­schaft­li­chen Bil­dung die Exis­tenz eines höhe­ren Wesens als nicht beweis­bar und somit irrele­vant erachtet.

Michel Hou­el­le­becq lädt den Leser auf eine bis­her noch nicht gedach­te Rei­se, genau­so span­nend, iro­nisch und wit­zig, wie erschüt­ternd und erschreckend.