Ukraine — Krieg ohne Ende?

So wie jeder ein­zel­ne Mensch das Recht auf Selbst­ver­tei­di­gung hat, so ist die­ses Recht in Arti­kel 51 der UN-Char­ta eben­falls für Staa­ten gere­gelt. Es stellt die Aus­nah­me vom Gewalt­ver­bot dar und regelt das natur­ge­ge­be­ne Recht im Fall eines bewaff­ne­ten Angriffs auf gewalt­sa­me Wehrhaftigkeit.

Selbst­ver­ständ­lich sind ande­re Staa­ten min­des­tens auch mora­lisch ver­pflich­tet, bedräng­te Staa­ten huma­ni­tär zu hel­fen. Aber was ist, wenn im Kri­sen­ge­biet eine Par­tei ande­re, nicht betei­lig­te Staa­ten zu Waf­fen­lie­fe­run­gen gera­de­zu selbst­ver­ständ­lich erwartet?

Wenn sorg­fäl­ti­ge Prü­fun­gen der Geber­län­der ob der mög­li­chen Trag­wei­te von Lie­fe­run­gen der erwünsch­ten Kriegs­waf­fen mit Belei­di­gun­gen beant­wor­tet wer­den? Wenn das Land das Staats­ober­haupt eines ande­ren Lan­des, von dem Hil­fe erwar­tet wird, brüsk zurück­weist, wenn die­ser sich per­sön­lich ein Bild von der Lage machen will?

Kann man mit Waf­fen­lie­fe­run­gen in ein Kri­sen­ge­biet einen Krieg stop­pen? Wel­chen Anspruch wer­den zukünf­ti­ge Kriegs­par­tei­en an die Bun­des­re­pu­blik hin­sicht­lich Waf­fen­lie­fe­run­gen stel­len? Kön­nen wir das dann verneinen?

Wie­so stel­len sich Groß­tei­le der Poli­tik und der Gesell­schaft nicht mehr die Fra­ge nach Ver­hand­lun­gen, oder auch nur nach der Fra­ge einer mög­li­chen wei­te­ren Eska­la­ti­on des Krie­ges bei Lie­fe­rung von schwe­ren Waffen?

Wer­den wir end­gül­tig zur Kriegs­par­tei, wenn wir in das Kriegs­ge­sche­hen mit schwe­ren Angriffs­waf­fen ein­grei­fen? Was ist, wenn die Ukrai­ne als nächs­ten Schritt und bei ver­mut­lich wei­te­rer Eska­la­ti­on per­so­nel­le Unter­stüt­zung, sprich die Unter­stüt­zung der Bun­des­wehr fordert?

Wer pro­fi­tiert eigent­lich vom Krieg? Wie ist das völ­ker­recht­lich zu sehen, wenn die Ukrai­ne Söld­ner aus aller Welt auf­for­dert für ihr Land in den Krieg zu ziehen?

Kei­ne Fra­ge, der Ein­marsch der Rus­sen in die Ukrai­ne ist eine Kriegs­er­klä­rung und auf das Schärfs­te zu ver­ur­tei­len. Selbst­ver­ständ­lich soll­te jedes Land huma­ni­tä­re Hil­fe in Form von Flücht­lings­auf­nah­me gewähr­leis­ten. Aber dür­fen wir uns immer wei­ter in einen Krieg ein­mi­schen, der bereits seit acht Jah­ren, zumin­dest im Osten der Ukrai­ne, aus­ge­tra­gen wird?

Imma­nu­el Kant hat in einer Schrift Ende des 18. Jahr­hun­derts einen phi­lo­so­phi­schen Ent­wurf vor­ge­legt, des­sen Theo­rien die Char­ta der Ver­ei­nig­ten Natio­nen maß­geb­lich beein­flusst hat.

In der Schrift mit dem sin­ni­gen Namen »Zum ewi­gen Frie­den« ist vom Prin­zip der Nicht­ein­mi­schung die Rede, wonach es für eine Inter­ven­ti­on kei­ne Rechts­grund­la­ge geben kann.

Ein Krieg dient nach Kant zur Ent­schei­dung von Ansprü­chen, die bei­de Par­tei­en behaupten.

Bei einem Ver­stoß gegen die Kriegs­ord­nung, so Kant wei­ter, »kann nun kei­ne über­ge­ord­ne­te Instanz im Sin­ne eines Bestra­fungs­krie­ges ein­grei­fen, so dass die Kriegs­par­tei­en, die sich einen sol­chen Ver­stoß vor­wer­fen, in einen Ver­nich­tungs­krieg gera­ten, der nicht anders als durch die Ver­nich­tung einer Par­tei ent­schie­den wer­den kann.« 

Es gibt kei­nen gerech­ten Krieg – aber es gibt das Recht eines jeden Staa­tes zur Lan­des­ver­tei­di­gung. Wenn wir aber mit Waf­fen­lie­fe­run­gen, ins­be­son­de­re von Angriffs­waf­fen, Ter­ri­to­ri­al­ver­tei­di­gung umkeh­ren in einen Ver­nich­tungs­krieg, dann wäre das unverzeihlich.

3 Comments

  1. Hal­lo Peter,
    die Din­ge sind kom­pli­ziert — und Sie sind durch die Kum­me­lei unse­rer Poli­ti­ker zum Woh­le des Füll­stands der eige­nen Taschen kaum noch zu ent­wir­ren. Echt jetzt, Deut­sche Poli­ti­ker haben sich sogar von Aser­bai­dschan schmie­ren las­sen — ASERBAIDSCHAN! Ich weiß nicht mal wo auf der Welt die­ses ver­kack­te Land liegt! Aber ich bin sicher, dass die Men­schern­rech­te dort ganz hoch auf­ge­hängt wer­den — viel­leicht aber auch Regie­rungs­kri­ti­ker — man soll­te das ja nicht alles so ernst neh­men mit den Men­schen­rech­ten — in Deutsch­land schon gar nicht..
    Was für Ver­stri­ckun­gen, Abspra­chen und recht­lich bedenk­li­che Ver­trä­ge mit Russ­land unter dem Man­tel der Ver­schwie­gen­heit abge­schlos­sen wur­den — das wer­den wir wohl nicht erfahren.
    Gut, dass wir Onkel Ole haben. den Den­ker, den Wei­sen, den Behä­bi­gen — man könn­te auch sagen: er ver­voll­komm­net die Dis­zi­plin aus­sit­zen, in der unse­re vori­ge Kanz­le­rin Meis­ter war noch um ein gutes Stück. Oder glaubst Du, dass auch nur ein Stück Alt­me­tall aus deut­schen Rüs­tungs­schmie­den den Weg über die Gren­ze nach der Ukrai­ne findet?
    Es gibt bei uns im StGB den Notwehrparagraphen:
    “(1) Wer eine Tat begeht, die durch Not­wehr gebo­ten ist, han­delt nicht rechtswidrig.
    (2) Not­wehr ist die Ver­tei­di­gung, die erfor­der­lich ist, um einen gegen­wär­ti­gen rechts­wid­ri­gen Angriff von sich oder einem ande­ren abzuwenden.”
    Dies trifft ja auf die Ukrai­ne zu. Der rus­si­sche Angriff auf die Ukrai­ne war rechts­wid­rig, er ist gegen­wär­tig und wir dürf­ten als drit­te Par­tei hel­fen. Aber das ist natür­lich deut­sches Recht und nicht internationales.
    Zögern und zau­dern, wenn woan­ders Men­schen abge­schlach­tet wer­den — da muss ich ganz tief durch­at­men. Denn eines ist sicher: Putin wird nicht auf­hö­ren, bis er sei­ne Zie­le erreicht hat. Und die Ukrai­ne wird die­sen Krieg nicht gewin­nen kön­nen. Der Ver­rück­te aus dem Kreml wird denen Ihr gan­zes Land in Schutt und Asche legen. Was macht die west­li­che Staa­ten­ge­mein­schaft dann?
    Ich bin sicher, dass es ein zurück in die Zeit vor den Ukrai­ne-Krieg nicht geben kann. Mit Putin schon gar nicht — der hat nach der Ukrai­ne doch schon die nächs­ten Ex-Vasal­len-Staa­ten auf der Lis­te der zu “ent­na­zi­fi­zie­ren­den Staaten”.
    Nicht sofort — auch die rus­si­sche Armee muss erst wie­der zu Kräf­ten kom­men. Aber der Rus­se hat ja Zeit. Was ist in 5 Jah­ren Oder in 10 Jah­ren? Was macht die Staa­ten­ge­mein­schaft dann? Wenn Ungarn und Co. auf ein­mal ange­grif­fen wer­den. Die Ungarn sind froh aus der UDSSR weg zu sein — vie­le spre­chen Deutsch und sind den Deut­schen noch aus der Geschich­te der KuK-Zeit wohl­ge­son­nen. Wird dann wie­der dis­ku­tiert, ver­zö­gert, ver­scho­ben — bis es zu spät ist und man sagen kann: “wir haben ja alles ver­sucht, aber lei­der ging es nicht schneller”..
    Dass es Putin nicht um die “Befrei­ung” der Ukrai­ne geht oder eine “ent­na­zi­fi­zie­re­ung” — Hey, Selen­sky ist Jude — das ist schon von der Logik her unver­dau­lich — ist doch klar. Es geht jetzt, wo die Mensch­heit lang­sam den Arsch zukneift um die letz­ten Res­sour­cen: Öl, Gas, ja und auch um Wei­zen und Sonnenblumen-Öl..
    Egon Bahr sag­te mal — ZITAT: “In der inter­na­tio­na­len Poli­tik geht es nie um Demo­kra­tie oder Men­schen­rech­te. Es geht um die Inter­es­sen von Staa­ten. Mer­ken Sie sich das, egal, was man Ihnen im Geschichts­un­ter­richt erzählt.” ZITATENDE
    Das war in Hei­del­berg, am 04.12.2013. Seit­dem ist viel pas­siert auf der Welt — aber die­ser Spruch ist immer noch wahr, und wird es auch immer sein. Denn so ist der Mensch leider..
    CU
    P.

    1. Du hast recht, es ist kom­pli­ziert. Ich wür­de mir auch nicht anma­ßen wol­len, auch nur annä­hernd die Lage der Din­ge ein­schät­zen zu kön­nen. Aller­dings – eini­ges Grund­sätz­li­ches gilt halt immer und dazu zählt, dass ein Krieg das schlech­tes­te im Men­schen her­vor­bringt. Es stört mich auch, das offen­sicht­lich nie­mand auch nur den Ver­such von Ver­hand­lun­gen ins Spiel bringt. Im Gegen­teil – die Poli­tik, gro­ße Tei­le der Gesell­schaft, ja sogar die Kir­chen plä­die­ren für die Lie­fe­rung von schwe­ren Angriffswaffen.

      Ich bin kein Pazi­fist, aber wenn plötz­lich die Grü­nen als ehe­ma­li­ge Frie­dens­par­tei der Wei­ter­füh­rung des Krie­ges offen­sicht­lich Vor­rang vor even­tu­el­len Ver­hand­lungs­op­tio­nen ein­räu­men, dann wer­de ich etwas stut­zig. Das Wort Frie­den scheint jeden­falls aus dem Sprach­schatz der Poli­ti­ker ver­bannt zu sein.

      Russ­land hat die viert­stärks­te Armee der Welt. Was glaubt denn der über die Fami­lie der Inka­lin­ge­wäch­se pro­mo­vier­te Vor­sit­zen­de des Aus­schus­ses für euro­päi­sche Ange­le­gen­hei­ten, Anton Hof­rei­ter, wel­che Aus­wir­kun­gen die vom ihm gefor­der­ten Waf­fen­lie­fe­run­gen von schwe­ren Angriffs­waf­fen ins Kriegs­ge­biet hätten?

      Scholz hat die finan­zi­el­len Mit­tel bereits auf­ge­stockt, zwei Mil­li­ar­den Euro ist eine Men­ge Geld, damit sich die Ukrai­ner mit Waf­fen ein­de­cken kön­nen. Wie­so bestehen Grü­ne und Uni­on auf direk­te Waf­fen­lie­fe­run­gen? Ganz abge­se­hen davon, dass wir unse­re Ver­tei­di­gungs­fä­hig­keit damit erheb­lich schwä­chen würden.

      Wir wer­den sicher nach Kriegs­en­de eini­ges auf­zu­ar­bei­ten haben, neben der Rol­le der Kon­flikt­par­tei­en auch die Rol­le der Söld­ner­trupps auf bei­den Sei­ten, ins­be­son­de­re die des Regi­ment Asow. Auch das Ver­hält­nis zu Russ­land muss neu defi­niert wer­den, es kann mei­ner Mei­nung nach aber eine fried­li­che Nach-Putin Ära mit Russ­land geben.

      Krieg jeden­falls kei­ne Lösung, son­dern nur die Höl­le für die Unschul­di­gen. [Kei­mel]

      Gruß aus dem Sauerland

  2. Du bringst die Din­ge sehr prä­gnant auf den Punkt, was mir in mei­nem Dia­ry-Post rich­tig schwer gefal­len ist. Und ja, es ist gut, nicht ganz allein zu sein mit einer gegen den Trend gerich­te­ten Sicht der Din­ge! Dan­ke für die­sen Arti­kel! Habe ihn gera­de getweeted.

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